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Home/Newscenter/Nur ein amerikanischer Trainer in der Liga: Europäische Coaches als Symbol der Emanzipation?

Kochs NachschlagNur ein amerikanischer Trainer in der Liga: Europäische Coaches als Symbol der Emanzipation?

31. März 2018
Acht deutsche Trainer schwingen derzeit das Zepter in der easyCredit BBL. Dazu kommen vier Coaches aus dem ehemaligen Jugoslawien, ein Spanier, ein Italiener, ein Österreicher, ein Niederländer, ein Kanadier und nur ein einziger US-Amerikaner! Wie bitte? Nur ein Ami! Was können die Gründe sein? Zufall oder Trend?

– Stefan Koch

Acht deutsche Trainer schwingen derzeit das Zepter in der easyCredit BBL. Dazu kommen vier Coaches aus dem ehemaligen Jugoslawien, ein Spanier, ein Italiener, ein Österreicher, ein Niederländer, ein Kanadier und nur ein einziger US-Amerikaner! Wie bitte? Nur ein Ami! Was können die Gründe sein? Zufall oder Trend?

Pionierarbeit der amerikanischen Trainer

Amerikanische Trainer prägten die Entwicklung des Basketballs in Deutschland über Jahrzehnte entscheidend mit. Terry Schofield brachte bereits in den Siebzigern die Videoanalyse über den großen Teich, Tony DiLeo in den Achtzigern bedingungslosen Hochgeschwindigkeitsbasketball und Les Habegger, dem ich kurzfristig assistieren durfte, Ende der Achtziger NBA-typische Pick-and-Roll-Sets. Das alles geschah zwar noch im vergangenen Jahrtausend, aber als die Liga 2006/2007 erstmals im aktuellen Format mit 18 Mannschaften an den Start ging, kamen immer noch sieben Coaches aus dem Mutterland des Sports.

Mittlerweile ist John Patrick von den MHP RIESEN Ludwigsburg der einzige Übungsleiter mit amerikanischer Staatsbürgerschaft, und mit dem Kanadier Gordon Herbert, der die FRAPORT SKYLINERS trainiert, gibt es nur noch einen weiteren Trainer, der ebenfalls aus Nordamerika stammt. Beide bestreiten bereits ihre zehnte Saison bei uns und haben sich durch ihre gute Arbeit längst einen Namen gemacht.

The times they are a-changin‘

Die Zeiten, in denen ein US-Coach auf einen Job hoffen konnte, weil die Entscheidungsträger in den Clubs davon ausgingen, dass ein Amerikaner per se ein größerer Basketball-Experte als ein Europäer sein müsse, gehören längst der Vergangenheit an. Der deutsche und der europäische Basketball haben sich emanzipiert.

Das zeigen auch die Pfade, die die talentiertesten Spieler mittlerweile beschreiten. Detlef Schrempf, der erste deutsche Star in der NBA, spielte von 1980 bis 1985 an der High School und am College in den Vereinigten Staaten, bevor er in der US-Profiliga anheuerte. Zum damaligen Zeitpunkt schien die NBA für Europäer nur auf diesem Weg erreichbar – und der wurde derart häufig von deutschen Talenten genutzt, dass die Sports Illustrated 1984 sogar eine große Geschichte brachte nur über deutsche Big Men in den USA.

Aktuell laufen mit Dirk Nowitzki, Dennis Schröder, Paul Zipser, Daniel Theis und Maximilian Kleber fünf Deutsche in der NBA auf, die alle ohne vorherige US-Erfahrung in die beste Liga der Welt gewechselt sind. Mittlerweile wird jungen Spielern sogar eher davon abgeraten, ans College zu wechseln. Die Ausbildung hierzulande gilt als erfolgsversprechender, weil Talente vielseitiger geschult werden und nicht zu früh in starre Rollen gepresst werden. Viele größere Europäer werden an US-Colleges als Power Forwards oder Center eingesetzt, obwohl sie motorisch und technisch alle Fertigkeiten für die Außenpositionen mitbringen. Richard Freudenberg zog unter anderem deshalb nach einem Jahr bei St. John’s die Notbremse.

Zugegeben: Die Berliner Jungs Niels Giffey (der mit Connecticut zwei College-Titel gewann) und Moritz Wagner (der am Sonntag mit Michigan im Halbfinale des NCAA-Tournaments spielt) hingegen machten positive Erfahrungen gemacht. Ihr Weg ist aber mittlerweile eine Ausnahme.

Europäische Coaches: Nicht mehr nur Schüler!

Doch zurück zu den Coaches: Dirk Bauermann, der erfolgreichste deutsche Trainer, holte sich in den achtziger Jahren ebenfalls noch seinen Feinschliff in den USA und assistierte zwei Jahre lang an der Fresno State University. Nach wie vor gehen europäische Trainer in die USA, aber eben nicht mehr in erster Linie zum Lernen, sondern mittlerweile auch um ihr Wissen einzubringen:

David Blatt ist zwar in den Vereinigten Staaten geboren, aber das Trainerhandwerk lernte er im europäischen Basketball. Von 2014 bis 2016 war er in der NBA für den Titelaspiranten Cleveland Cavaliers als Head Coach verantwortlich. Gregg Popovich, der nach Expertenmeinung beste Coach der nordamerikanischen Profiliga, holte sich Ettore Messina als rechte Hand. Der Italiener darf sich berechtigte Hoffnungen auf Popovichs Nachfolge bzw. einen anderen Cheftrainerposten in der NBA machen.

Der Bamberger Meistermacher und frühere Bundestrainer Chris Fleming lässt seine Erfahrungen als Assistant Coach bei den Brooklyn Nets einfließen. Martin Schiller war in Deutschland noch nicht als Head Coach tätig, sondern Co-Trainer in Quakenbrück, Ludwigsburg und bei der Nationalmannschaft. Trotzdem vertraut der Utah Jazz dem 36-Jährigen seit dieser Saison sein Farmteam Salt Lake City Stars in der G-League an!

Spätestens die Zeit von 2002 bis 2006, als das Mutterland des Basketballs zwei Mal bei der WM und 2004 bei den Olympischen Spielen in Athen nicht das Finale erreichte, sorgte dafür, dass in den USA realisiert wurde, dass man nicht nur von internationalen Spielern profitieren kann: Auch der Coach vom Alten Kontinent ist mittlerweile auf beiden Seiten des Atlantiks ein anerkannter Fachmann!

Zur Person

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Telekom Sport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ erscheint regelmäßig auf der Homepage der easyCredit BBL.

Kochs Nachschlag

Das gewachsene Selbstbewusstsein des europäischen Basketballs ist auch in der easyCredit BBL spürbar. Während lange Jahre die nichtdeutschen europäischen Trainer fast ausschließlich aus dem ehemaligen Jugoslawien stammten, finden wir mittlerweile einen bunteren Mix vor. Mit dem Serben Aleksandar Djordjevic (Bayern München, zumindest bis Donnerstagmittag), dem Spanier Aíto García Reneses (ALBA Berlin) und dem Italiener Luca Banchi (Brose Bamberg) haben drei renommierte Coaches aus traditionellen Basketballländern ihren Weg zu den deutschen Spitzenclubs gefunden.

Aber es gibt auch erfolgreiche „Exoten“. Der Österreicher Raoul Korner beispielsweise etabliert gerade Bayreuth in der Ligaspitze, nachdem er zuvor drei Jahre überzeugend in Braunschweig arbeitete. Und der Niederländer Johan Roijakkers schafft es, die BG Göttingen seit dem Aufstieg 2014 mit einem Mini-Etat in der Klasse zu halten.

Der Trainertyp der heutzutage in unserer Liga gefragt ist, steht für Nachhaltigkeit und die individuelle Weiterentwicklung von Spielern – und diese Qualitäten sehen die Clubverantwortlichen derzeit offensichtlich eher bei europäischen als bei amerikanischen Coaches. Und deshalb glaube ich eher an einen Trend als an einen Zufall!