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Home/Newscenter/Corona-Quarantäne, Verletzte en masse und Mammutprogramm: Warum Berlin trotzdem so gut dasteht

Kochs NachschlagCorona-Quarantäne, Verletzte en masse und Mammutprogramm: Warum Berlin trotzdem so gut dasteht

22. Januar 2021
Erst Corona-Quarantäne, dann jede Menge Verletzungsausfälle und dazu ein mehr als anstrengender Spielplan mit zuletzt acht Partien in achtzehn Tagen. Warum steht der Double-Sieger aus Berlin trotzdem so gut da?

– Stefan Koch

Erst Corona-Quarantäne, dann jede Menge Verletzungsausfälle und dazu ein mehr als anstrengender Spielplan mit zuletzt acht Partien in achtzehn Tagen. Warum steht der Double-Sieger aus Berlin trotzdem so gut da?

Am Mittwoch qualifizierte sich ALBA BERLIN mit dem klaren 103:63 gegen die Basketball Löwen Braunschweig vorzeitig für das TOP FOUR des MAGENTA SPORT BBL Pokals (Video rechts). Coach Aíto saß nach seiner Corona-Infektion erstmals wieder auf der Bank, nahm aber auf eigenen Wunsch nur die Rolle des Assistenten ein (im Interview mit dem RBB hier erklärt der 74-Jährige unter anderem, warum er das so möchte). Bis auf Niels Giffey waren alle Leistungsträger wieder dabei, wobei Marcus Eriksson, Luke Sikma und Peyton Siva nach ihren Verletzungen sicher noch nicht bei einhundert Prozent sind.

Die Pokalbegegnung war die achte Partie in achtzehn Tagen, und am Freitag geht es in Vitoria schon in der Euroleague weiter. Nach dem schon stressigen Spielplan im November und Dezember hat es der Januar mit 13 Spielen ab dem Monatsdritten besonders in sich. Im Pokal haben die Albatrosse die Grundlage geschaffen, ihren Titel zu verteidigen, in der nationalen Liga steht bislang nur eine einzige Niederlage zu Buche, und die Bilanz in der Euroleague (7-13) kann sich angesichts der Umstände mit Corona-Fällen und Verletzungen ebenfalls sehen lassen. So gelang unter anderem ein vielbeachteter 93:88-Auswärtserfolg beim aktuellen Tabellenführer CSKA Moskau und der bislang höchste Euroleague-Sieg der Vereinsgeschichte beim 89:63-Sieg bei Fenerbahce Istanbul. Ich möchte heute erklären, welche beiden Stärken es den Berlinern ermöglichen, den Umständen in dieser Form zu trotzen.

Chemie

Die Arbeitschemie stimmt beim Deutschen Meister. Das Team ist so zusammengestellt, dass die Rädchen auf dem Feld gut ineinandergreifen. Die Arbeitschemie ist immer wichtiger als die Sozialchemie, unter anderem weil eine gute Arbeitschemie eine gute Sozialchemie auslösen kann. Die Berliner verfügen aber auch über eine gute Sozialchemie, der meines Erachtens in der aktuell schwierigen Phase mit der Corona-Pandemie eine besondere Bedeutung zukommt. Egozentriker oder besonders schwierige Typen tauchen im Kader nicht auf. Das ist eine gute Basis, zieht aber nicht automatisch eine harmonisierende Gruppe nach sich. Aber Letzteres ist diese Mannschaft und das wird offensichtlich, wenn man sich die Freude vor Augen führt, die gelungene Aktionen im gesamten Team auslösen. Gerade in einer Phase, in der wichtige Spieler zurückkehren und an Minuten und Rollen kleine Veränderungen vorgenommen werden, die den Rhythmus der Mannschaft verändern können, ist diese Grundhaltung Gold wert. Eine funktionierende Chemie bedarf einer belastbaren Hierarchie. Luke Sikma ist auch in seiner vierten Saison weiterhin der Schlüsselspieler der Hauptstädter, aber mit Jayson Granger ist jetzt ein zweiter Veteran dabei, der seine Mitspieler ebenfalls inspirieren kann.

Tiefe

Keine Mannschaft in der Liga ist tiefer besetzt als Berlin. Es stehen sieben Ausländer unter Vertrag, aber es ist klar, dass der 21-jährige Kroate Kresimir Nikic in wichtigen nationalen Spielen aussetzt, wenn alle gesund sind. Noch wichtiger ist aber die Tiefe auf den deutschen Spots, wo mit Jonas Mattiseck und Tim Schneider auch noch auf den Positionen elf und zwölf etablierte Qualitätsspieler zur Verfügung stehen. Aber dann ist immer noch nicht Schluss! Teenager Malte Delow erhält teilweise in der Euroleague Minuten – und das nicht erst am Ende, wenn die Messe gelesen ist. In der BBL spielen elf Akteure mindestens knapp 17 Minuten, in der Euroleague zehn Berliner mindestens knapp 19 Minuten. Natürlich hängt das auch damit zusammen, dass nicht alle Spieler grundsätzlich zur Verfügung standen, die Ausgeglichenheit ist dennoch beeindruckend – und macht solche Erfolge wie den 85:72-Sieg gegen München ohne Fünf (es fehlten Aito, Siva, Eriksson, Giffey und Sikma) erst möglich (Video rechts).

Bei den zwölf nationalen Pflichtspielen waren bereits sieben Spieler aus dem Berliner Kader mal Topscorer. Bei den Euroleague-Siegen in Moskau, gegen Fenerbahce und den spanischen Meister Vitoria (95:91) punkteten jeweils fünf Spieler zweistellig, beim 100:80 gegen Khimki Moskau sogar sechs. Marcus Eriksson ist mit exakt zehn Zählern der Topscorer in der europäischen Königsklasse. Aber außer ihm markieren sieben weitere Spieler mindestens neun Punkte! Hier kann man die Brücke zum Faktor „Chemie“ schlagen. Die Überzeugung, dass jeder Spieler einen wertvollen Beitrag leisten kann, ist tief in der Philosophie der Coaches verankert und wurde erfolgreich im Selbstverständnis des Teams implementiert.

Kochs Nachschlag

Stichwort Coaches: Aíto wurde im Dezember 74 Jahre alt. Auch wenn sich die Berliner Fans wünschen dürften, dass er noch lange die Geschicke der Albatrosse lenkt, ist es gut denkbar, dass er sich in nicht allzu ferner Zukunft in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden könnte. Der uneitle Move, nach seiner Rückkehr zunächst einmal die Rollen mit Israel Gonzalez zu tauschen, ist ursächlich seiner Corona-Erkrankung geschuldet, gleichzeitig aber für die Verantwortlichen auch eine Möglichkeit, den Prozess der Positionierung seines designierten Nachfolgers voranzutreiben.

Zur Person

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ erscheint regelmäßig auf der Homepage der easyCredit BBL.