Nach einer verkorksten "Übergangssaison" bei ALBA BERLIN, die vor allem in der EuroLeague frustrierend verlief, bis sie in der easyCredit BBL trotz fortwährendem Verletzungspech mit dem Einzug ins Finale noch einen versöhnlichen Abschluss fand, hofft Trainer Israel Gonzalez in Berlin 2024/25 auf weniger Verletzungspech. Viele seiner überwiegend jungen Spieler haben dabei noch jede Menge Luft nach oben. Die Rückkehr zum ALBA-typischen Spiel muss dem ALBA-Trainer aber ohne Johannes Thiemann und Sterling Brown gelingen, die beide im Ausland jetzt mehr als doppelt so viel verdienen wie in Berlin.
Saisonziel: ALBA ist gemessen am Budget und der Mannschaftstiefe auch in dieser Saison hinter den Bayern wieder die Nummer zwei in der easyCredit BBL. Die Saisonziele können deshalb nur lauten: In der EuroLeague nicht erneut Letzter werden und in der easyCredit BBL wieder das Finale erreichen.
Spielweise: Das für ALBA typische schnelle Spiel basiert auf viel Ballbewegung, kam aber in der vergangenen Saison oft nur schwer ins Laufen. Das Risiko, mit nur zwei zudem noch sehr jungen Spielmachern in die Saison zu gehen, ging doppelt nach hinten los, weil Matteo Spagnolo und Ziga Samar die Mehrzahl der Spiele verletzungsbedingt verpassten. Im Januar musste Martin Hermannsson nachverpflichtet werden und schon im Mai sicherte sich ALBA die Dienste des australischen Nationalspielers William McDowell-White für die neue Saison. Die Unterschiedlichkeit der jetzt vier etatmäßigen Point Guards versetzt ALBA in die Lage, im Backcourt sehr flexibel zu agieren. Auch im Frontcourt kann ALBA sehr groß oder auch sehr klein spielen.
Die große Personalie: Nach dem Abgang von Luke Sikma schauten viele ALBA-Fans in der vergangenen Saison etwas neidisch nach Ulm, wo Trevion Williams im Frontcourt genauso geniale Pässe verteilte wie Sikma das lange Jahre mit großem Erfolg in Berlin vorexerziert hatte. In Berlin soll der reboundstarke US-Center, der mit seiner Vielseitigkeit auch im EuroCup für Aufsehen sorgte und ins All First Team gewählt wurde, auch auf der Position vier spielen, was für Williams absolutes, aber reizvolles Neuland ist.

Alte Bekannte: Bei nur zwei Neuzugängen stehen 13 Profis aus der vergangenen Saison auch im neuen ALBA-Aufgebot. Bei keinem anderen Bundesligisten wird Kontinuität so groß geschrieben. Tim Schneider spielt schon seine neunte, Jonas Mattisseck seine achte, Malte Delow seine sechste sowie Louis Olinde und Khalifa Kouladje ihre jeweils fünfte Saison für ALBA. Sogar der Dreierspezialist Matt Thomas, der in seiner siebenjährigen Profikarriere bislang regelmäßig im Sommer das Trikot gewechselt hat, ließ sich von einer weiteren Saison in Berlin überzeugen.
Der Trainer: Auch Trainer Israel Gonzalez gehört in Berlin mittlerweile zum Inventar. Der Spanier kam bereits 2017 als Assistent von Coach Aito nach Berlin und steht somit in der achten Saison (seit 2021 als Headcoach) an der Seitenlinie.
Der Anführer: Nach dem Verlust von Johannes Thiemann musste sich ALBA einen neuen Kapitän suchen. Die Wahl fiel wenig überraschend auf den Rückkehrer Martin Hermannsson.

Under Pressure: Khalifa Koumadje ist mit seiner Größe eine echte Waffe unter dem Korb und wird entsprechend von den Gegnern besonders hart angegangen und zuweilen auch provoziert. Durch unkontrollierte Reaktionen darauf machte Koumadje sich in der vergangenen Saison aber auch selbst zum "Bad Boy". Hat er über den Sommer daran gearbeitet, sich besser zu kontrollieren?
Der nächste Schritt: Durch den Abgang von Sterling Brown kommt auf dem Flügel mehr Verantwortung auf Nationalspieler Louis Olinde zu. Kann der 26-jährige Hamburger diese Chance nutzen? Das Talent dafür hat er.
Highlight-Maschine: Der erst 22-jährige Gabriele Procidawurde in der vergangenen Saison nicht zuletzt wegen seiner spektakulären und zuweilen artistischen Korbaktionen als "Rising Star" der EuroLeague ausgezeichnet. Nach einer Operation an der Patellasehne steht der Italiener auch in der easyCredit BBL wieder für Highlights zur Verfügung.

Jung und talentiert: Elias Rapieque ist mit seinen zwanzig Jahren das Nesthäkchen im 15 Profis umfassenden Aufgebot. Im Sommer war der 20-jährige Forward bei der U20-EM in Gdynia der Topscorer der deutschen Auswahl.
Vermisstenanzeige: Johannes Thiemann hinterlässt auf der Position eine Lücke, die wahrscheinlich nur der andere Weltmeister Joe Voigtmann angemessen hätte stopfen können, was aber wohl ALBAs Finanzrahmen gesprengt hätte. So müssen die bisherigen Back-ups Tim Schneider und Justin Bean nachrücken. Von der Position drei aus muss Louis Olinde hoch- und von der Fünf Trevion Williams hinunterrücken.
Offene Fragen: Neun ausländische Profis sind in der easyCredit BBL für die 6+6-Regel drei zu viel. Nach dem großen Verletzungspech der vergangenen Saison bleibt Trainer Israel Gonzalez zu wünschen, dass er 2024/25 öfter als ihm lieb ist vor der Qual der Wahl steht.
Randnotiz: Einen Meistertitel konnte ALBA in der vergangenen Saison doch feiern. Das Frauenteam wurde erstmals Deutscher Meister und ist auch in dieser Saison der Favorit in der DBBL.