Stand: ratiopharm ulm (2) – FIT/One Würzburg Baskets (6) 2-1
Status quo: Mit der 2:1-Führung im Gepäck können die Ulmer am Dienstag das Halbfinale "Best-of-five" in Würzburg mit dem dritten Sieg beenden und ins Finale einziehen. Nach den 2011 und 2016 gegen Bamberg verlorenen Finals sowie dem Titelgewinn 2023 (im Finale gegen Bonn) wäre das für die Ulmer die viert Finalteilnahme in den vergangenen 15 Jahren (dazu gab es 1998 die Finalniederlage als SSV ratiopharm Ulm gegen Berlin). Nur die drei großen Bs (Berlin achtmal, Bayern siebenmal und Bamberg sechsmal) standen in diesem Zeitraum öfter im Finale. Die Würzburger, die vor einer Woche mit ihrem 87:77 im zweiten Spiel überhaupt zum ersten Mal in ihrer Klubgeschichte ein Halbfinalspiel gewinnen konnten, haben aber nichts mehr zu verlieren und können Kraft aus ihrer Außenseiterrolle schöpfen.
Was wir bisher gelernt haben: Die Arenen in Ulm und Würzburg sind – obwohl unterschiedlich groß – die lautesten in den diesjährigen Playoffs, und entsprechend schwer wiegt der Heimvorteil. Wie die in dieser Saison ohnehin extrem heimstarken Ulmer haben auch die Würzburger alle diesjährigen Playoff-Spiele in ihrer tectake Arena gewonnen und rechnen sich deshalb gute Chancen aus, am Dienstag mit einem Sieg in der "Turnhölle" ein fünftes Spiel zu erzwingen. "Die Atmosphäre ist sehr intensiv, sehr laut, sehr gut. Ich glaube, das hat schon einen Einfluss auf die gesamte Dynamik in einem Spiel. Wir sagen gerne: Hier reicht es nicht, mit einem Punkt zu gewinnen, man muss gefühlt zehn Punkte besser sein als der Gegner, damit man hier den Sieg davonträgt", beschreibt Ulms Sportdirektor Thorsten Leibenath die tectake ARENA im SWR.

Die besondere Brisanz: Die Ulmer mit ihrer aggressiv die Grenzen zum Foul auslotenden Verteidigung und die Würzburger Versuche, dagegenzuhalten, machen diese Serie zu einer hitzigen und für die Schiedsrichter nicht einfachen Angelegenheit. Nicht weniger als 57 Foulpfiffe (28:29) standen am Ende des dritten Spiels zu Buche, und die auf beiden Seiten mäßigen Freiwurfquoten (Ulm 74 und Würzburg nur 69 Prozent) zeigen auf, dass das auch den Spielern an die Nerven geht. Der Umstand, dass Würzburg in der vergangenen Saison sensationell den damaligen Meister Ulm im Viertelfinale gestürzt hat, gießt zusätzlich Öl ins Feuer.
Der Blick zurück: Wie in den beiden ersten Spielen (87:91 n.V. in Ulm und 87:77 in Würzburg) gelang es den Würzburgern auch im dritten Halbfinale, die Ulmer Dreierquote (in der Punktrunde noch die beste in der Liga) auf 25 Prozent zu drücken und die eigenen Würfe mit immerhin 40 Prozent ins Ziel zu bringen. Trotzdem wirkte die Würzburger Offensive gegen die starke Ulmer Verteidigung über weite Phasen statisch und lebte zu sehr von Einzelaktionen. Die krasse Überlegenheit beim Rebound (53:26) führte so unweigerlich zum Ulmer 99:86-Sieg. Nach 125 in diesem Halbfinale gespielten Minuten kommen auf beiden Seiten jeweils fünf Akteure auf im Schnitt zweistellige Korbausbeuten. Bei Ulm sind das Noa Essengue und Karim Jallow (je 15,3 PPG), Ben Saraf (14,0), Justinian Jessup (11,7) und Marcio Santos (11,0) – bei Würzburg Davion Mintz (16,7), Jhivvan Jackson (14,7), Mike Lewis (13,7 PPG), Zac Seljaas (13,3) und Hannes Steinbach (12,3 PPG). Die Youngster Steinbach (12,7 RPG) und Essengue (10,7 RPG) dominieren in beeindruckender Weise die Bretter.
Zahlen, bitte: In den ersten beiden Spielen waren die Rebounds (mit 47:50 im ersten und 36:35 im zweiten Halbfinale) ausgeglichen, aber im dritten Spiel dominierten die Ulmer die Bretter mit 53:26 Rebounds und verdienten sich mit zwanzig (!) Offensivrebounds die zusätzlichen Würfe, die letztendlich zum Sieg führten. Auch frühe Foulprobleme von Marcio Santos änderten nichts am Ulmer Übergewicht in der Zone, weil Nicolas Bretzel in die Bresche sprang. Einzig Hannes Steinbach hielt mit zehn Rebounds dagegen. Alle anderen Würzburger vereinigten nur 16 Rebounds auf sich – genauso viele wie auf Ulmer Seite allein Noa Essengue (9) und Karim Jallow (7). In Würzburg wird man vor allem analysieren müssen, wie es zu dieser eklatanten Unterlegenheit beim Rebound kommen konnte. „Die Ulmer sind größer, kräftiger, schneller als wir. In den ersten beiden Spielen haben wir das gut kompensieren können, dieses Mal haben wir keinen Weg gefunden sie zu stoppen“, lautete ein erstes Resümee von Trainer Sasa Filipovski gegenüber der Main Post.
Duell im Fokus: Ulms Interims-Kapitän (in Vertretung des verletzten Thomas Klepeisz) Karim Jallow stand im bisherigen Verlauf der Playoffs etwas im Schatten der kommenden NBA-Stars Noa Eassengue und Ben Saraf, aber der Ulmer Sieg am Samstag im dritten Halbfinale trug ganz klar wieder die Handschrift des über die gesamte Saison effektivsten Ulmer Spielers. Gleich nach dem Sprungball wuchtete der Forward den Ball spektakulär zum 2:0 in den Würzburger Korb und war auch in der Folge die treibende Kraft zur Ulmer 48:37-Halbzeitführung. Am Ende stellte Jallow gegen die Würzburger mit 26 Punkten sogar eine neue Saisonbestleistung auf. Der superathletische Flügelspieler ist für die Ulmer ein doppelt wichtiger Schlüsselspieler, weil er auch ein vielseitiger Verteidiger ist - gerne auch gegen die gegnerischen Spielmacher. In dieser Rolle konnte aber auch Jallow nicht verhindern, dass sich auf Würzburger Seite der in den letzten Wochen von einer Rippenprellung gehandicapte Jhivvan Jackson mit 25 Punkten (18 nach der Pause) zurückmeldete. Wenn der mit seinen typischen Korbattacken wiederauferstandene MVP diese Leistung am Dienstag über zwei Halbzeiten bringt, könnten die Karten in dieser Serie noch einmal neu gemischt werden.
Die ewige Bilanz: Seit nun schon acht Spielen endeten Begegnungen von Ulm und Würzburg regemäßig mit Heimsiegen. Der letzte Auswärtssieg war der Würzburger 78:65-Coup, mit dem die Franken im letztjährigen Viertelfinale die Grundlage für das 3:1 gegen Ulm legten. Davor gab es erst ein Playoff-Duell zwischen beiden Teams: 2012 setzte sich Ulm im Halbfinale mit 3:0 gegen Würzburg durch. In der Gesamtbilanz (BBL und Pokal) führt Ulm seit 2011 mit 28:9 Siegen.
Meilensteine: Mike Lewis fehlen noch fünf Punkte bis 500, Justinian Jessup acht bis 600 und Hannes Steinbach zehn bis 350 Punkte. Jhivvan Jackson fehlen noch zwei Assists bis 300 und Nelson Weidemann fünf bis 350 Assists.
Rekordverdächtig: Hannes Steinbach erackerte in den bisherigen acht Playoff-Spielen im Schnitt elf Rebounds. Vergleichbar erfolgreich waren bislang in Playoffs nur John Bryant (10,4 RPG in acht Spielen für Ulm 2013), Jamel McLean (Bonn 2014), Jon Brockman (Ludwigsburg 2015) und Mike Kotsar (Hamburg 2022) mit jeweils 11,0 RPG in drei bzw. vier Playoff-Spielen sowie Marcos Knight mit 11,3 RPG in den vier K.-o.-Spielen beim Corona-Turnier 2020 in München.
Alte Bekannte: Die Ulmer begrüßten am Samstag den Spielmacher ihrer Meistermannschaft von 2023, Yago Dos Santos, als Zaungast. Kontert Würzburg nun mit einer Einladung an Otis Livingston? Der im Sommer zu Galatasaray Istanbul gewechselte letztjährige MVP kuriert eine im Februar erlittene Knieverletzung aus, hätte also Zeit ...
Am Rande der Bande: ... warten die Ulmer noch auf eine Rückkehr des verletzten Philipp Herkenhoff. Thomas Klepeisz und Isaiah Roby sind wie Owen Klassen bei Würzburg definitiv raus.
Sonstiges: Die beiden Ulmer Draft-Kandidaten Ben Saraf und Noa Essengue konnten wegen der Playoffs nicht am eigentlich obligatorischen Draft Combine teilnehmen. In der aktuellen Ausgabe seiner Kolumne "Kochs Nachschlag" erklärt Stefan Koch, welche Sonderregeln die Ulmer für ihr prominentes Duo vereinbart haben.
M/W/D – German Basketball is mad sexy: Als Dirk Nowitzki 2011 NBA-Champion wurde, fieberte ganz Würzburg mit dem in Würzburg geborenen "großen Blonden" mit. Wenn jetzt Isaiah Hartenstein in den NBA Finals um den Titel kämpft, ist es vor allem an den Ulmern, dem Center die Daumen zu drücken, der seit einigen Monaten als Investor am Ulmer Basketballprogramm beteiligt ist. Der in Quakenbrück aufgewachsene Hartenstein hat zwar selbst nie für Ulm gespielt - wohl aber Adam Hess, der von 2006 bis 2009 für die Artland Dragons und von 2013 bis 2025 für Ulm in der BBL spielte. Zusammen mit Isaiah und dessen Vater Florian betreibt Ulms ehemaliger US-Forward in den USA die Beteiligungsgesellschaft "Hartenstein Group", über die das Engagement läuft. Auch in den USA weiß man nämlich: German Basketball is mad sexy!
Fernsehen / Livestream: Die Partie wird Dienstag ab 18:15 Uhr live bei Dyn übertragen. Kommentator vor Ort ist Stefan Koch. Anett Sattler moderiert und Patrick Femerling ist der Experte. Dyn ist das Zuhause der Basketballfans und bietet übrigens einen vergünstigten Playoff-Pass an, alle Details zu dem Angebot gibt es hier. Der Sender strahlt alle Begegnungen der easyCredit BBL, des BBL Pokals sowie Spiele der Basketball Champions League, des FIBA Europe Cups und der amerikanischen Collegeliga NCAA aus. Das umfangreiche Basketball Live-Programm wird von redaktionellen Formaten ergänzt, die auf der Dyn-Plattform und im Anschluss über die Social-Media-Kanäle von Dyn frei empfangbar sein werden. Dyn ist über den Webbrowser, Mobilgeräte, Tablets, Streaming-Sticks und Smart-TVs verfügbar. Für Sportfans, von Sportfans. Dyn Basketball. Dein Sender. Dein Sport.