In der noch jungen Saison sind bisher kaum echte Trends zu erkennen. Eine Ausnahme: Es gibt einige Teams, die aktuell wesentlich besser dastehen als erwartet – und viele davon bevorzugen einen schnellen Ball. Sorgt Letzteres vielleicht für Ersteres?
Mit den VET-CONCEPT Gladiators Trier (Tabellenführer mit 6-1 Siegen) und Science City Jena (3-3) stehen beide Aufsteiger im Viertelfinale des BBL Pokals, in dem von Donnerstag bis Montag die Teilnehmer für das TOP FOUR ermittelt werden. Dazu kommt mit den BMA365 Bamberg Baskets (3-3) eine weitere Mannschaft, die man nicht unbedingt in dieser Phase des Wettbewerbs erwartet hätte. Die Oberfranken standen zwar in der vergangenen Saison im Pokalfinale, zeigten aber in der Meisterschaftsrunde deutlich mehr Schatten als Licht, und vor dieser Spielzeit waren die Prognosen für das Team aus Freak City eher verhalten. Gleiches gilt für den SYNTAINICS MBC (5-2), der sich im Februar dieses Jahres zwar sensationell den Pokalsieg gesichert hatte, aufgrund des großen personellen Aderlasses aber für 2025/26 eher schwächer eingeordnet worden war: Die Wölfe stehen in der Liga nach zwischenzeitlicher Tabellenführung aktuell auf dem dritten Platz.
Zu guter Letzt möchte ich noch die SKYLINERS erwähnen, die in der vergangenen Spielzeit das zweitschlechteste Team der Liga waren, nun nach sieben Spieltagen aber eine positive Bilanz aufweisen (4-3) und auswärts alleinig ungeschlagen sind. Vier dieser fünf Mannschaften hatte ich in meiner Saisonvorschau ins untere Tabellendrittel verbannt, aber aktuell stehen sie alle im oberen und mittleren! Diese Tatsache zeigt ernüchternd, wie es um meine Expertise bestellt ist, aber da das ja allgemein bekannt ist, möchte ich auf etwas anderes hinweisen: Diese fünf Mannschaften verzeichnen bislang die meisten Ballbesitze der Liga (nachzuschauen hier bei 3stepsbasket unter Advanced Stats).
Schlaue Köpfe könnten natürlich einwenden, dass einige dieser Teams aufgrund von Verlängerungen auch mehr Minuten gespielt haben. Das stimmt, aber nur bedingt. Trier, Frankfurt und Bamberg spielen auch „bereinigt“ (die Extraspielzeiten herausgerechnet) den schnellsten Ball. Tempo ist also offensichtlich ein Erfolgsfaktor!
Geschwindigkeit schlägt Größe
Der legendäre amerikanische College-Trainer John Wooden, der in den 1960er und 1970er Jahren mit der UCLA zehn Meisterschaften gewann, war überzeugt davon, dass Geschwindigkeit wichtiger sei als Größe. Mit seinen Ideen war er einer der Väter des Fastbreak-Basketballs, der derzeit eine Renaissance erlebt und dabei sowohl die Zuschauer begeistert als auch Mannschaften zu Erfolgen führt. Das war nicht immer so. In den 1990er Jahren setzte man vor allem in Europa auf Länge und Tempokontrolle. In den Finalspielen um die kontinentale Vereinskrone reichten damals dreimal weniger als 60 Punkte zum Titel, und nur einmal gelangen dem Sieger mehr als 80 Zähler. Negativer Höhepunkt war das Finale 1998 zwischen Kinder Bologna und AEK Athen, in dem beide Teams addiert auf nur 102 Punkte kamen. Der Kroate Toni Kukoc spielte in jener Zeit mit 2,08 Meter auf der Position des Small Forwards und galt als Prototyp des modernen Spielers. Heute wäre der Linkshänder mindestens ein Power Forward oder sogar ein Small-Ball-Center.
Der neue Stil der DBB-Auswahl unter Alex Mumbru
Den Wandel im heutigen Basketball verdeutlicht sehr gut der deutsche Nationalspieler Isaac Bonga, der in seiner Jugend in Frankfurt zum Spielmacher ausgebildet wurde, mittlerweile aber als Power Forward den besten Basketball seiner Karriere spielt. Nach zwischenzeitlichen Jahren als Small Forward ist er nun sowohl im Verein bei Partizan Belgrad als auch in der Nationalmannschaft Protagonist einer anderen Spielauffassung. Mit der DBB-Auswahl gewann der 26-Jährige im September in Riga die Europameisterschaft und war Teil eines Teams, das im Durchschnitt fast 100 Punkte pro Partie erzielte. Die Grundlagen waren das schnelle Umschalten von Defensive auf Offensive und die frühen Abschlüsse in den ersten Sekunden des Angriffs. In diesem Zusammenhang hatte der neue Bundestrainer Alex Mumbru seinen Spielern eingeimpft, den Ball nach gegnerischen Korberfolgen sofort einzuwerfen und direkt mit einem Schnellangriff zu kontern. Dieser Ansatz wurde schon vor mehr als 40 Jahren populär, als er die Los Angeles Lakers in der NBA zu fünf Meisterschaften führte. Mit Kurt Rambis hatten die Kalifornier einen Spieler in ihren Reihen, dessen Sonderaufgabe es war, den Ball nach kassiertem Korb schnell wieder ins Spiel zu bringen.
Der Spitzenreiter spielt die höchste Pace
Aber nicht nur Mumbru hat diese Idee revitalisiert, sondern auch Tuomas Iisalo. Der Finne, der aktuell als Cheftrainer der Memphis Grizzlies arbeitet, gewann mit den Telekom Baskets Bonn (Basketball Champions League 2023) und Paris Basketball (Eurocup 2024) zwei europäische Vereinstitel. In Deutschland hat Iisalo in seinen sieben Jahren Trainertätigkeit Spuren hinterlassen. So bezieht sich Jacques Schneider explizit auf den ehemaligen Crailsheimer und Bonner Head Coach. Der Cheftrainer des Sensationstabellenführers aus Trier schlägt mit seiner Mannschaft das höchste Tempo der Liga an (hier meine Kolumne zu Triers gutem Saisonstart). Die Trierer kommen auf mehr als 80 Ballbesitze pro Begegnung und suchen auch in Transition gerne den Dreier aus der Ecke, den sie mit einer Quote von mehr als 50 Prozent versenken.
Kochs Nachschlag
Bleibt zum Abschluss die Frage, ob die Umstellung auf diesen schnelleren Stil ein Problem für die Spieler darstellt? Da die Formationen auf dem Parkett ohnehin kleiner, beweglicher und tempoaffiner geworden sind, liegen alle athletischen Voraussetzungen vor. Mental kann der Schalter schnell umgestellt werden. Die Vorgaben der Coaches, den Ball sofort nach vorne zu pushen und über das Feld zu sprinten, können Profis in kürzester Zeit umsetzen. Der dritte Aspekt neben Athletik und Mentalität sind die technischen Fertigkeiten. Da die Aufstellungen wieder kleiner geworden sind, verfügen die Teams über mehr Akteure, die aufgrund ihres Ballhandlings bei hohem Tempo die richtigen Entscheidungen treffen können. Deshalb müssen die Aufbauspieler den Vortrag des Spielgeräts nicht mehr ausschließlich per Dribbling beschleunigen, sondern können auch mit frühen Pässen auf ihre Flügelspieler Druck auf die Verteidigung ausüben. Ich liebe diesen Stil – genauso wie die meisten Spieler und Fans.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital, DAZN und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Im Podcast "Talkin‘ Basketball", der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist, sprechen er und Oliver Dütschke regelmäßig mit Protagonisten aus der deutschen Basketballszene. Seine Kolumne zum BBL-Geschehen findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag".


















