Im Oktober 2009, vor ziemlich genau 16 Jahren, standen die Weißenfelser Basketballer zum ersten Mal an der Spitze der ersten Liga. Die Fans, die sich dieses Tabellenbild rahmen ließen, können jetzt erneut einen Auftrag erteilen. Der SYNTAINICS MBC grüßt das zweite Mal vom Gipfel, obwohl viele Experten der Meinung waren, dass es nach der historisch-guten vergangenen Saison mit dem Pokalsieg eigentlich nur bergab gehen könne. Weit gefehlt, die Wölfe sind bislang noch ungeschlagen und könnten mit einem Erfolg im Spitzenspiel gegen Ulm am Samstag erstmals mit vier Siegen in eine BBL-Saison starten. Natürlich ist das nur eine frühe Momentaufnahme, die wirklichen Härtetests stehen noch bevor.
Die Veränderungen auf der Bank und im Management
Die Entwicklung in Weißenfels ist seit mehr als zwei Jahrzehnten eng mit dem Namen Martin Geissler verknüpft. Der erfolgreiche Macher wird den Klub am Jahresende verlassen, hat aber zuvor noch zwei wegweisende Personalentscheidungen getroffen. So lotste er Silvano Poropat zurück zum SYNTAINICS MBC. Der Kroate, der die Weißenfelser in insgesamt 208 Spielen coachte, hat Anfang August das Amt des Sportdirektors übernommen. Welche Wertschätzung der 54-Jährige beim amtierenden Pokalsieger genießt, unterstreicht der Name des Spielfeldes in der Stadthalle. An der Seitenlinie des Silvano-Poropat-Courts steht als Nachfolger des Letten Janis Gailitis jetzt Marco Ramondino. Über den Italiener, der zukünftig auch als Assistant Coach des Nationalteams seines Heimatlandes arbeiten wird, weiß Poropat nur Positives zu sagen. Der Sportdirektor bezeichnet seinen Chefübungsleiter als „intensiv, fordernd, detailliert vorbereitet und taktisch versiert“.
Die Veränderungen in der Mannschaft
Trotz der personellen Veränderungen beim spielenden Personal erkenne ich ein typisches MBC-Team, das – fast schon traditionell – offensiv besser ist als defensiv. Auch Poropat sieht Tendenzen, die mit vergangenen Mannschaften vergleichbar sind, allerdings auf einer anderen Ebene: „Wir haben bodenständige Typen, die bereit sind, hart zu arbeiten.“
In der Vorbereitung gab es fünf Aufeinandertreffen mit BBL-Mannschaften, die allesamt verloren gingen. Zwar kann man konstatieren, dass phasenweise nur ein Guard zur Verfügung stand. Dennoch kommt der gute Start in den Pflichtspielbetrieb überraschend, auch wenn Hamburg, Bonn und Vechta keine Topkontrahenten waren.
Mit Charles Callison und Spencer Reaves knüpfen zwei verbliebene Leistungsträger an ihre starken Leistungen der Vorsaison an. Dazu überzeugen zwei Neuverpflichtungen, deren Stärke man im Vorfeld nicht genau bewerten konnte. Marcus Foster kam direkt aus der NCAA, weshalb man seinen Einfluss nur schwer einschätzen konnte. Aber 17,3 Punkte bei starken Quoten und 5,0 Rebounds sprechen bislang eine deutliche Sprache. Bei Khyri Thomas waren die Zweifel anders gelagert. Der 29-Jährige bestritt 42 NBA-Spiele, war aber in den letzten Jahren sehr unstet unterwegs. So war er im Januar eine Woche in Chemnitz und reiste wieder aber, ohne ein Spiel bestritten zu haben. „Wir haben uns sehr gut über ihn informiert. Dabei haben wir über sein Fitnesslevel und seinen Charakter nur gute Dinge gehört“, sagt Poropat. Das (überschaubare) Risiko scheint sich auszuzahlen. Der Amerikaner glänzt bislang in allen Bereichen des Spiels. Mit Collin Welp und Jure Planinic haben auch die Neuen am Brett gut eingeschlagen. Allerdings könnte der Kroate aufgrund seines in Vechta erlittenen Nasenbeinbruchs gegen Ulm ausfallen.
Kochs Nachschlag
Der SYNTAINICS MBC bietet auch in dieser Saison wieder interessante Spielertypen, die die Mannschaft sehenswert machen. In bekannter Klubmanier nennt Sportdirektor Silvano Poropat den Klassenerhalt als primäres Saisonziel und fügt an: „Dann können wir Richtung Play-Ins oder Playoffs schauen, und im Pokal ist ohnehin alles möglich.“ Letzteres haben die Weißenfelser in der vergangenen Spielzeit eindrucksvoll bewiesen. Aber das Team von Marco Ramondino hat noch ein drittes Eisen im Feuer und tritt international in der European North Basketball League (ENBL) an. Das Niveau in diesem Wettbewerb ist überschaubar und das Ziel, am Ende die Trophäe in den Händen zu halten, verständlich. Aber darin liegt auch ein Risiko. Deshalb sagt Poropat zurecht: „Wir dürfen die Zahl der Spiele mit der ENBL nicht unterschätzen. Es ist wichtig, dass die Mannschaft gesund bleibt.“ Dem ist – außer, dass dem nichts hinzuzufügen ist – nichts hinzuzufügen.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital, DAZN und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Im Podcast "Talkin‘ Basketball", der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist, sprechen er und Oliver Dütschke regelmäßig mit Protagonisten aus der deutschen Basketballszene. Seine Kolumne zum BBL-Geschehen findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag".