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Home/Newscenter/Analyse vor dem dritten Finale: Bajuwarische Gelassenheit und schwächelnde Berliner Schlüsselspieler

Kochs NachschlagAnalyse vor dem dritten Finale: Bajuwarische Gelassenheit und schwächelnde Berliner Schlüsselspieler

21. Juni 2019
Nach den ersten beiden knappen Finalspielen lässt sich die bajuwarische Gelassenheit über einen guten Start des Gegners hervorheben sowie die Konsequenz der Münchener Profis im 1-1 und generell im Entscheidungsverhalten. Auf der anderen Seite müssen bei den Albatrossen im dritten Spiel die Schlüsselspieler endlich den gleichen Einfluss aufs Spiel kriegen wie in der Saison.

– Stefan Koch

Nach den ersten beiden knappen Finalspielen lässt sich die bajuwarische Gelassenheit über einen guten Start des Gegners hervorheben sowie die Konsequenz der Münchener Profis im 1-1 und generell im Entscheidungsverhalten. Auf der anderen Seite müssen bei den Albatrossen im dritten Spiel die Schlüsselspieler endlich den gleichen Einfluss aufs Spiel kriegen wie in der Saison.

Und täglich grüßt das Murmeltier – ALBA BERLIN gelang es erneut nicht, eine gute Ausgangsposition gegen den Rivalen Bayern München in einen Sieg umzumünzen. So könnte man einfach und plakativ das zweite Spiel der Finalserie bilanzieren. Wie schon in der Auftaktpartie in München startete der Herausforderer besser, zeigte insgesamt eine gute Leistung, stand aber am Ende wieder mit leeren Händen da. Möglicherweise hat sich dieser Ablauf schon in die Psyche beider Teams eingebrannt, denn die ersten beiden Finalspiele sind nicht die einzigen Beispiele dafür. Mir kommt auch das Pokalfinale von 2018 in den Sinn, das nach einem ähnlichen Muster ablief: Die Albatrosse hatten mit zwölf Punkten Vorsprung bei acht verbleidenden Minuten den Sieg fast schon in der Tasche, bevor sie auf der Zielgeraden noch abgefangen wurden und 75:80 verloren. 

Ich war am vergangenen Mittwoch in Berlin und vor der Partie äußerst unschlüssig, wen ich als Sieger erwarten sollte. Als ich dann die unfassbare Atmosphäre in der mit 14 000 Zuschauern gefüllten Mercedes-Benz-Arena spüren durfte, tendierte ich eher zu den Gastgebern, die auch wie schon in München fulminant begannen und nach zehn Minuten mit 25:15 in Front lagen.

Bajuwarische Gelassenheit

Die Bayern schienen diesen Start mit stoischer Gelassenheit zu verarbeiten. Fast konnte man das Gefühl gewinnen, dass sie es nicht anders erwartet hatten und es ihnen keinerlei Sorgen bereitete: Lass die Berliner sich am Anfang austoben, wir wissen, dass wir mit zunehmender Spieldauer Zugriff finden und unseren Stil etablieren werden – so wirkte das Münchner Credo. An Leon Radosevic konnte man den Verlauf der Partie exemplarisch fest machen. Verlegte er in der ersten Halbzeit noch reihenweise Bälle in Korbnähe, war er nach der Pause in der Lage zu finishen.

Der Einfluss der Berliner Schlüsselspieler

Der Berliner Offensivmaschinerie gelangen nach der Pause nur noch 31 Zähler. In meinem „Vorschau-Nachschlag“ hatte ich die Bedeutung von Luke Sikma und Peyton Siva betont. Sikma ist ein großartiger Basketballer, aber die Partie am Mittwoch zeigte erneut, dass sein Scoring-Potenzial gegen hochkarätige Konkurrenten limitiert ist. Siva konnte der Serie bislang ebenso wenig seinen Stempel aufdrücken. Er hatte eine ganz starke Phase in der Auftaktpartie, aber mit nur einem Feldkorb bei sieben Versuchen war seine Quote in der zweiten Begegnung schwach. Vielleicht hätte Coach Aíto stärker auf Derrick Walton setzen können, der auf mich emotional gefestigter wirkte als der überdreht auftretende Siva. Auf Münchner Seite blieb Stefan Jovic zwar komplett ohne Punkte (0/9 Field Goals), aber mit dem Serben auf dem Feld waren die Bayern 13 Punkte besser als Berlin.

Vor der Pause konnte Rokas Giedraitis mit seinen 14 Punkten noch viel auffangen. Nach dem Wechsel ließ er sich aber durch Vladimir Lucics Nadelstiche provozieren und verlor den Fokus. So war es der toll aufspielende Youngster Franz Wagner (Video rechts), der mit seinen 17 Lenzen am abgeklärtesten wirkte und ALBA mit dem Dreier zum 77:78 eine letzte Hoffnung geben konnte.

Konsequenz im 1-1 und im Entscheidungsverhalten

Die Bayern waren das toughere Team in den 1-1-Duellen. Sie traten in diesem Bereich einfach konsequenter auf. Diese Aussage möchte ich auch für die Entscheidungsfindung treffen. Selbstverständlich ist Berlin die Mannschaft, die mehr Risiken eingehen muss und in deren Anlage die Tendenz dazu einfach deutlich stärker ausgeprägt ist. Aber wenn, wie am Ende der ersten Halbzeit, nur eine minimale Differenz zwischen Wurf- und Spieluhr vorliegt, darf man keinen (verfrühten) Risikopass spielen und damit im Endeffekt dem Titelverteidiger zwei leichte Punkte schenken. Abgeschlossen wurde dieser Fast Break von Devin Booker (Video rechts), was ebenso wie die Szene selbst über eine hohe Aussagekraft verfügt. Der Center war der beste Akteur des Siegers, lieferte sich ein hochklassiges Duell mit Landry Nnoko und sorgte mit seinen Tip-Dunks auch noch für die Highlights der Begegnung.

Kochs Nachschlag

Die Berliner befinden sich jetzt in einer absoluten Außenseiterposition. Dass ein Team einen Rückstand von 0:2 aufholt, ist in den Finals erst einmal passiert – und zwar vor 30 Jahren, als Bayreuth 1989 die ersten beiden Spiele gegen Leverkusen verlor und anschließend drei Partien in Serie gewann. Beim 83:77-Sieg Bayreuths im fünften Spiel war ich damals einer der 4.500 Zuschauer in der Oberfrankenhalle.

Und das ist auch der Unterschied zu heute: Anders als Bayreuth damals hat Berlin heute kein Heimrecht, müsste also nicht nur drei Spiele in Folge gewinnen, sondern davon sogar zwei in der bayrischen Landeshauptstadt. Auch wenn sich die Albatrosse selbst Mut zusprechen, erscheint ihre Ausgangslage extrem schwierig. Solche Konstellationen setzen manchmal den Mut der Verzweiflung frei. Aber die Bayern haben bislang nicht nur spielerisch, sondern auch emotional immer Antworten gefunden. Es spricht Vieles dafür, dass sie dies auch weiterhin tun werden.

Zur Person

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ erscheint regelmäßig auf der Homepage der easyCredit BBL.