ratiopharm ulm logo
Telekom Baskets Bonn logo
FC Bayern München Basketball logo
MHP RIESEN Ludwigsburg logo
ALBA BERLIN logo
EWE Baskets Oldenburg logo
BG Göttingen logo
NINERS Chemnitz logo
ROSTOCK SEAWOLVES logo
Bamberg Baskets logo
Würzburg Baskets logo
MLP Academics Heidelberg logo
HAKRO Merlins Crailsheim logo
Basketball Löwen Braunschweig logo
Veolia Towers Hamburg logo
SYNTAINICS MBC logo
RASTA Vechta logo
Tigers Tübingen logo
Home/Newscenter/Überraschung im zweiten Jahr: Chemnitzer Crunchtime-Könige auf dem Weg in die Playoffs

Kochs NachschlagÜberraschung im zweiten Jahr: Chemnitzer Crunchtime-Könige auf dem Weg in die Playoffs

21. Januar 2022
Die NINERS Chemnitz sind das zweite Jahr in der Liga und als aktuell Tabellenvierter das Überraschungsteam dieser Saison. Aber wenn Rodrigue Pastore und seine Spieler genauer analysiert werden, kommt ihr Erfolg gar nicht so überraschend daher.

Die NINERS Chemnitz sind das zweite Jahr in der Liga und als aktuell Tabellenvierter ein Überraschungsteam dieser Saison. Aber wenn Rodrigo Pastore und seine Spieler genauer analysiert werden, kommt ihr Erfolg gar nicht so überraschend daher.

Basketball in Ostdeutschland zu etablieren, galt lange Zeit als ein schwieriges, mitunter sogar aussichtsloses Unterfangen. Spätestens nach dem Entschluss des DDR-Ministerrates 1969, Sportarten ohne Medaillenchance bei den Olympischen Spielen in der Förderung massiv zu beschneiden, war das Schicksal der Korbjäger bis zur Wiedervereinigung besiegelt. Ohne Breite, Tradition und letztendlich auch finanzielle Ressourcen taten sich die Vereine nach 1990 schwer, sich auf Bundesliganiveau zu etablieren. 

Der Mitteldeutsche BC aus Weißenfels galt über zwei Jahrzehnte hinweg als das Aushängeschild des ostdeutschen Basketballs, hat seinen Platz aber mittlerweile den NINERS Chemnitz räumen müssen. Der 91:74-Derbysieg der Chemnitzer Anfang des Jahres unterstrich noch einmal, wer mittlerweile die Rolle des Platzhirsches innehat. Der MBC kämpft wie üblich gegen den Abstieg, macht aber auch keinen Hehl daraus, dass der Standort kaum größere Ambitionen zulässt. Mit Rostock und Jena stehen derzeit zwei aufstiegswillige Projekte an der Spitze der zweiten Liga, so dass im besten Falle in der kommenden Saison vier ostdeutsche Teams im Oberhaus an den Start gehen könnten. Damit wäre die Rekordzahl der drei Mannschaften aus der Spielzeit 2017/2018 übertroffen (Weißenfels, Jena und Gotha).

Qualität und Kontinuität auf der Trainerposition

Bislang hat es nur der MBC zwei Mal in die Playoffs geschafft, aber das liegt mehr als 20 Jahre zurück. Derzeit spricht Vieles dafür, dass Chemnitz erstmals in der Postseason dabei sein wird. Aktuell stehen die NINERS auf dem vierten Platz, den sie am Wochenende sogar mit der Tabellenführung tauschen könnten! Dafür müssten die Sachsen das Verfolgerduell beim Tabellendritten in Ulm gewinnen und gleichzeitig München und Bonn verlieren. 

Nach einer beeindruckenden Debüt-Saison in der Beletage legen die Sachsen im zweiten Jahr nach. Kontinuität und Qualität auf der Trainerposition zählen zu den Erfolgsgrundlagen. Der Argentinier Rodrigo Pastore ist bereits seit 2015 für die NINERS tätig und identifiziert sich voll mit dem Programm. Der 49-Jährige, der Deutschland aus seiner Zeit als Spieler kennt (Landshut, Bayreuth und Bonn), ließ sich auch von zwei knapp verpassten Aufstiegen nicht entmutigen und führte Chemnitz 2020 in die höchste Spielklasse. Nachdem er in der zweiten Liga zwei Mal zum Trainer des Jahres gewählt worden war, hat er sich auch im Oberhaus als einer der besten Coaches etabliert. Seine Mannschaften verfügen über eine klare Struktur, und seine taktischen Anpassungen während des Spiels sind ideenreich und präzise.

Stabiles deutsches Gerüst

Aber nicht nur der Coach, auch die Mannschaft hat Playoff-Format. Dabei zeigt es sich immer mehr, wie wichtig es ist, über ein stabiles deutsches Gerüst zu verfügen. Kapitän Malte Ziegenhagen ist ein Dreipunktewerfer, der als Spezialist eine wichtige Joker-Rolle einnimmt. Der 22-jährige Nelson Weidemann entwickelte sich bis zu seiner Verletzung (Bruch des rechten Handgelenks) zu einem wertvollen Rotationsspieler und sollte das jetzt nach seiner Rückkehr auch wieder werden. Das Prunkstück bilden aber die beweglichen Niklas Wimberg und Jonas Richter, die beide 2,06 Meter groß und extrem vielseitig sind. Nationalspieler Wimberg kann drei verschiedene Positionen bekleiden und strahlt auch Gefahr von der Dreipunktelinie aus. Eigengewächs Richter ist ein Schweizer Taschenmesser, das im Schnellangriff den Ball vordribbeln oder auch einmal einen 30 Zentimeter kleineren Aufbauspieler verteidigen kann.

Starke ausländische Profis

Nachdem Gerald Robinson Ende November seine Ausstiegsklausel wahrnahm und nach Italien wechselte, erwarteten viele Beobachter einen Einbruch, zumal mit Frantz Massenat der einzig verbliebene Spielmacher an Rückenproblemen laborierte. Doch die Chemnitzer überstanden diese schwierige Phase und haben mittlerweile ihren Kader wieder aufgefüllt. Zunächst nahmen sie mit Trent Lockett einen erfahrenen und hochkarätigen Flügelspieler unter Vertrag, bevor sie dann zum Jahreswechsel mit Eric Washington den Robinson-Nachfolger präsentierten. Für den besten Korbwerfer der zweiten französischen Liga zahlten die NINERS eine Ablösesumme, was ihre Ambitionen und finanziellen Möglichkeiten unterstreicht. Neben den beiden Neuen verdienen aber auch die anderen Ausländer eine namentliche Erwähnung. Massenat fungiert als Stabilisator, der Litauer Mindaugas Susinkas brilliert mit traumhaften Wurfquoten (65,5 Prozent Zweier, 50,9 Prozent Dreier, 92,0 Prozent Freiwürfe), Isiaha Mike ist einer der athletischsten und spektakulärsten Spieler der Liga und Darion Atkins einer der besten Center. Alle diese Akteure verfügen über viel Variabilität, so dass Chemnitz phasenweise vier Spieler über zwei Meter auf das Feld schicken kann.

Kochs Nachschlag

Da alle Big Men beweglich sind und mit Ausnahme von Washington alle Guard mindestens 1,90 Meter groß sind, können die NINERS viel und effektiv switchen. Dass sie hinten nur 42,4 Prozent Feldwurfquote zulassen, kommt nicht von ungefähr! Das Offensiv-Rating gehört trotz 58,1 Prozent assistierter Körbe (zweitbester Wert nach Berlin) zu den schlechtesten der Liga, weil man sich zu viele Ballverluste leistet und zu wenige Offensiv-Rebounds ergattert. Bemerkenswert ist aber vor allem die Nervenstärke der Chemnitzer Crunchtime-Könige. Sieben von acht Spielen mit weniger als fünf Punkten Differenz wurden gewonnen. 

Wieviel Potenzial in dieser Mannschaft steckt, bewies sie im Pokal, als sie erst das EuroCup-Team von Ulm 87:85 besiegte (erstes Video oben) und anschließend im Viertelfinale den Euroleague-Teilnehmer Bayern München mit 85:80 eliminierte (zweites Video), den sie vor zwei Wochen in der Liga sogar auswärts mit 65:63 besiegte (drittes Video). Für mich sind die NINERS im Rennen um die Playoff-Plätze längst kein Außenseiter mehr!

Zur Person

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.