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Home/Newscenter/Der wertvollste Spieler der Liga: Nach welchen Kriterien sollte die wichtigste Auszeichnung vergeben werden?

Kochs NachschlagDer wertvollste Spieler der Liga: Nach welchen Kriterien sollte die wichtigste Auszeichnung vergeben werden?

18. März 2022
So viel vorweg: Ich kann euch nicht die eine wahre Antwort liefern, möchte mich aber dem komplexen Thema des Most Valuable Players (MVP) von unterschiedlichen Seiten nähern. Ich beginne mit einer These, die bei meinen Kollegen schon in der Vergangenheit auf wenig Gegenliebe gestoßen ist: Journalisten sollten nicht wählen (dürfen)! Aus meiner Sicht sollte dies ausschließlich den Coaches vorbehalten sein. Als Kommentator und schreibender Berichterstatter bewerte ich das Spiel anders als ein Trainer. Natürlich versuche ich auch zu analysieren, aber es geht um Beobachtungen und Einschätzungen, die dem Zuschauer und Leser weiterhelfen sollen. Allein schon deshalb verfüge ich nicht über den richtigen Blickwinkel, um an der Abstimmung teilzunehmen, auch wenn ich häufig höre, dass ich als ehemaliger Coach dies unbedingt tun sollte. Anstelle von uns Journalisten sollten lieber noch die Assistenz-Trainer abstimmen dürfen. Diese Experten sehen die meisten Spiele von uns allen, verfügen über hohes Fachwissen und beobachten unter den für eine Bewertung relevanten Aspekten.

So viel vorweg: Ich kann euch nicht die eine wahre Antwort liefern, möchte mich aber dem komplexen Thema des Most Valuable Players (MVP) von unterschiedlichen Seiten nähern. Ich beginne mit einer These, die bei meinen Kollegen schon in der Vergangenheit auf wenig Gegenliebe gestoßen ist: Journalisten sollten nicht wählen (dürfen)! Aus meiner Sicht sollte dies ausschließlich den Coaches vorbehalten sein. Als Kommentator und schreibender Berichterstatter bewerte ich das Spiel anders als ein Trainer. Natürlich versuche ich auch zu analysieren, aber es geht um Beobachtungen und Einschätzungen, die dem Zuschauer und Leser weiterhelfen sollen. Allein schon deshalb verfüge ich nicht über den richtigen Blickwinkel, um an der Abstimmung teilzunehmen, auch wenn ich häufig höre, dass ich als ehemaliger Coach dies unbedingt tun sollte. Anstelle von uns Journalisten sollten lieber noch die Assistenz-Trainer abstimmen dürfen. Diese Experten sehen die meisten Spiele von uns allen, verfügen über hohes Fachwissen und beobachten unter den für eine Bewertung relevanten Aspekten.

Sollten nur die Leistungen in der Bundesliga zählen?

Der MVP ist eine amerikanische Erfindung und die NBA-Akteure spielen nur in dieser einen Liga. Bei uns gibt es aber noch weitere Wettbewerbe, mit dem Pokal einen zweiten nationalen (mit einer zugegebenermaßen sehr geringen Anzahl von Spielen), aber vor allem auch noch vier internationale, deren unterschiedliche Qualität die Bewertung zusätzlich erschwert. Aber sollten diese Wettbewerbe grundsätzlich überhaupt einbezogen werden? Schließlich küren wir doch den MVP unserer nationalen Liga! Stimmt, trotzdem möchte ich dazu ein paar Gedanken in die Diskussion werfen. Wir bestimmen dem Namen des Awards nach nicht den besten, sondern den wertvollsten Spieler der Bundesliga. Kann dies nicht auch einer sein, der immer dann, wenn er gefordert ist, verlässlich abliefert, aber sonst aufgrund der Doppelbelastung in der BBL häufig mit anderen Schwerpunkten agiert? Der Begriff Doppelbelastung trifft im kompletten Wortsinn für die Euroleague-Spieler zu, die im besten europäischen Wettbewerb exakt die gleiche Zahl an Hauptrundenpartien bestreiten wie in der Bundesliga. Da ist es unmöglich, immer an die Grenzen zu gehen. Zudem ist es auch von den Coaches nicht gewünscht. So lassen sie ihre Leistungsträger bei Gelegenheit pausieren oder reduzieren deren Minuten.

Das Dilemma am Beispiel Maodo Lo

Ich durfte am Sonntag das Gastspiel des Deutschen Meisters in Gießen kommentieren. Nach seinem herausragenden Auftritt als Spieltags-MVP der Euroleague drei Tage zuvor (Video unten) stand Maodo Lo nur knapp 17 Minuten auf dem Parkett, beschränkte sich auf den sicheren Ballvortrag und nahm nur einen einzigen Wurf. Das war allerdings sein patentierter Stepback-Dreier, den er mit der ihm eigenen Eleganz und Leichtigkeit einnetzte. Diese vornehme Zurückhaltung war sicherlich im Sinne seines Coaches Israel Gonzalez.

Dass der Berliner Point Guard in der Bundesliga auch anders kann, bewies er unter anderem mit dem Gamewinner in Heidelberg (Video unten). Dennoch sind es im Schnitt in der Bundesliga für den 29-Jährigen „nur“ 7,9 Punkte und 3,7 Assists. Zu wenig im MVP-Rennen? Auch, wenn dieser Spieler in der zweitbesten Liga dieses Planeten 13,7 Punkte, 3,6 Assists und eine Dreierquote von 46,1 Prozent liefert? Sollte Maodo Lo aufgrund seiner anderen Rolle in der nationalen Liga in der MVP-Diskussion nur bedingt beachtet werden? Oder können aus anderer Sicht betrachtet die internationalen Wettbewerbe als Faktor auch überbewertet werden und damit Spielern, die sich dort nicht präsentieren können (oder wie T.J. Shorts „nur“ im FIBA Europe Cup spielen), ein Teil ihrer Chancen auf den Award genommen werden? Schwierig, schwierig!

Die internationale Klasse von Sikma, Lucic und Homesley

Ähnlich stellt sich die Situation bei Luke Sikma dar, der in besagtem Spiel in Gießen von der Bank kam und mit elf Assists in 15 Minuten wieder einmal belegte, dass er selbst bei überschaubarer Spielzeit auch ohne viel Scoring das Spiel wie kein anderer beeinflussen kann. Auch seine Euroleague-Stats sind bockstark (9,7 Punkte, 6,7 Rebounds und 3,7 Assists) und in Summe sogar leicht besser als die von Maodo Lo und Vlado Lucic, der in der Königsklasse deutlich mehr abliefert (13,0 Punkte und 4,6 Rebounds) als in der Bundesliga. Auch im Eurocup sind die Belastungen mit 18 Hauptrundenspielen mittlerweile immens hoch. Und Caleb Homesley von den Hamburg Towers ist dort mit 18,3 Punkten aktuell viertbester Scorer, verteilt 4,6 Assists und trifft die meisten Dreier im zweitbesten europäischen Wettbewerb. Hier seine Highlights aus dem Sieg gegen Ankara, wo er überragende 29 Punkte (10/15 Würfe), elf Rebounds, sechs Assists und drei Steals auflegte:

Statistiken als Maßstab?

Womit wir beim Thema Statistiken wären. Welchen Einfluss sollten sie haben? Martynas Sajus von medi bayreuth verfügt über den zweitbesten Effektivitätswert der Liga, aber ein MVP-Kandidat ist der Litauer bei allem Respekt nicht. Grundsätzlich bevorteilt der Effektivitätswert die langen Spieler ein wenig, umso bemerkenswerter, dass T.J. Shorts als kleiner Guard hier ganz vorne steht. Außerdem profitieren Spieler aus Mannschaften, die schnell spielen und darüber viele Ballbesitze generieren. Natürlich könnte man diese Problematik wieder über Advanced Stats auflösen, aber mir nimmt die Tendenz, das Spiel und die Qualität der Spieler primär über Zahlen zu erklären, überhand. 

Und es gibt noch viele weitere Fragen dieser Art: Sollte es eine Mindestanzahl an Spielen geben, die ein MVP absolviert haben muss? Sollten Offense und Defense zu gleichen Teilen einfließen? Inwieweit spielt der Teamerfolg eine Rolle? Darf ein Spieler MVP werden, dessen Mannschaft nicht die Playoffs erreicht?

Shorts, PJC und Baldwin

Oder ist eher der Spieler der MVP, an dessen Tropf ein ganzes Team hängt, der so gut wie nicht zu ersetzen ist? In diesem Zusammenhang sind neben dem bereits erwähnten Homesley natürlich auch T.J. Shorts, Parker Jackson-Cartwright und Kamar Baldwin zu nennen. Diese drei Guards sind die Topscorer der Liga und im Falle von Shorts und PJC auch noch die besten Vorbereiter. Baldwin ist Mr. Clutch, sein Management der Shotclock ein kleines Kunstwerk – so wie beim Gamewinner am Samstag gegen Bayreuth (Video unten). Müsste ich aus diesem Kreis einen auswählen, wäre es derzeit eine knappe Entscheidung zugunsten von T.J. Shorts. Aber nach seiner schweren Verletzung am Mittwoch in Leiden ist die Saison leider für den Crailsheimer Motor gelaufen. Wie bitter! Der Amerikaner hat bislang nur 21 Begegnungen absolviert, womit die Frage, wie viele Partien ein MVP gespielt haben sollte, eine unschöne Aktualität gewinnt. Gute Besserung, T.J.!

Aber man kann sicherlich auch Argumente für Lo, Sikma und Lucic finden, wobei ich den Münchener Forward in dieser Saison einen kleinen Schritt hinter den beiden Berlinern sehe. Für Sikma spräche, dass er mit 10,1 Punkten, 5,3 Rebounds und 5,4 Assists den größten Einfluss von diesen drei Spielern in der Bundesliga nimmt. Außerdem möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Albatrosse derzeit viel ernten, was der Amerikaner mit gesät hat. Der 32-Jährige prägt die Spiel- und Sozialkultur seiner Mannschaft seit nunmehr fünf Jahren und ist eine Inspiration für seine Mitspieler.

Kochs Nachschlag

T.J. Shorts, Parker Jackson-Cartwright, Maodo Lo und Luke Sikma – dieses Quartett wäre bei mir aktuell in der finalen Auswahl. Die Kriterien, die man anlegen kann (nicht muss), habe ich aufgeführt. Die Ordnung nach Relevanz liegt im Auge des Betrachters. Auch wenn ich selbst erneut nicht wählen werde, bin ich gespannt auf das Ergebnis. Aber letztendlich werden wir noch im Mai Hauptrundenspiele sehen, so dass es selbst für eine Kandidatenkür noch sehr früh ist.

Zur Person

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.