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Home/Newscenter/Das EM-Fazit: Deutschland hätte den Titel genauso verdient gehabt wie Spanien

Kochs NachschlagDas EM-Fazit: Deutschland hätte den Titel genauso verdient gehabt wie Spanien

20. September 2022
Zweieinhalb Wochen EuroBasket 2022 liegen hinter uns. Das Fazit fällt extrem positiv aus. Wir haben hochklassigen und in sehr vielen Partien auch extrem spannenden Basketball erleben dürfen. Stimmung und mediales Interesse lagen am oberen Rand meiner Erwartungen, was natürlich auch damit zusammenhing, dass sich die deutsche Mannschaft beim Turnier im eigenen Land spielerisch stark präsentierte und am Ende verdient eine Medaille gewann. Der (nicht utopische) Titeltraum fand sein Ende im Halbfinale gegen den amtierenden Weltmeister Spanien, der sich eher unerwartet auch die europäische Krone aufsetzte.

Zweieinhalb Wochen EuroBasket 2022 liegen hinter uns. Das Fazit fällt extrem positiv aus. Wir haben hochklassigen und in sehr vielen Partien auch extrem spannenden Basketball erleben dürfen. Stimmung und mediales Interesse lagen am oberen Rand meiner Erwartungen, was natürlich auch damit zusammenhing, dass sich die deutsche Mannschaft beim Turnier im eigenen Land spielerisch stark präsentierte und am Ende verdient eine Medaille gewann. Der (nicht utopische) Titeltraum fand sein Ende im Halbfinale gegen den amtierenden Weltmeister Spanien, der sich eher unerwartet auch die europäische Krone aufsetzte.

Der Europameister

Es war der vierte kontinentale Titel seit 2009 – und bei allen stand Sergio Scariolo an der Seitenlinie. Gordon Herbert hat die deutsche Mannschaft hervorragend auf dieses Turnier vorbereitet und auch während der Titelkämpfe exzellent eingestellt. Für mich war der Kanadier der zweitbeste Coach des Turniers, der beste war aber Scariolo. Der mit einer Spanierin verheiratete Italiener kennt die Dynamiken großer Turniere bestens und weiß genau, wie man damit umgeht. Er formte ein Team mit defensiven und offensiven Rollenspielern, das nicht mehr über die großen Stars vergangener Jahre verfügte, zu einer funktionierenden Einheit. Offensiv waren die Iberer ein effizientes Team, aber wirklich beindruckt hat mich ihre defensive Variabilität. Die Mann-Mann-Verteidigung war stark. Der Druck am Ball war intensiv, die Positionen abseits des Balles und die Rotationen waren fein getunt. Als Sahnehäubchen setzte der neue Champion neben einer 3-2-Zone noch gemischte Verteidigungen ein. Wir sahen häufiger eine Box and One, die unter anderem auch im Schlussviertel des Halbfinales gegen Dennis Schröder einen entscheidenden Einfluss auf den Spielausgang hatte. Im Finale gegen Frankreich (Highlights unten) streute Spanien sogar kurzfristig einmal ein Triangle and Two ein. Interessant auch, dass diese Varianten sowohl reaktiv (wenn ein Spieler heiß war) als auch proaktiv (um das Heißlaufen zu verhindern) eingesetzt wurden. Dirigiert wurden diese Wechsel an der Seitenlinie von Co-Trainer Luis Guil, der damit die Rolle des Associate Head Coaches einnahm.

Die deutsche Mannschaft

Die DBB-Korbjäger hätten den Titel genauso verdient gehabt wie Spanien. Aus dem ehrgeizigen Ziel, eine Medaille zu gewinnen, war nach den vielen Absagen im Vorfeld der EuroBasket fast schon ein illusorisches geworden. Dass und wie die Mannschaft sich trotzdem Edelmetall sicherte, spricht für die Spieler und Coach Gordon Herbert. Aber auch wenn Deutschland spielerisch nicht schlechter war als der neue Europameister, stehen die Spanier auf einer höheren Stufe. Einerseits sind sie im männlichen Seniorenbereich seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten das absolute Nonplusultra auf unseren Erdteil, und zum anderen entwickeln sie in allen Jahrgängen Spitzenspieler. Die FIBA hat in diesem Jahr neun große Turniere in den unterschiedlichen Altersklassen ausgerichtet, sieben Europa- und zwei Weltmeisterschaften, fünf im männlichen, vier im weiblichen Bereich. Spanien hat bei jeder Veranstaltung das Finale erreicht. Von dieser Basketballkultur, die im schon im Kindesalter vermittelt wird, sind wir in Deutschland noch weit entfernt. 

Aber die Mannschaft, die sich in Köln und Berlin in die Herzen der Fans spielen konnte, verfügt über eine Basketballkultur. Und das lag auch daran, dass Dennis Schröder als gereifter Anführer nun im Aufbau die richtige Balance zwischen Spielorganisation und eigenen Aktionen zeigte (unten noch mal seine stärksten EM-Szenen). Wären alle deutschen Topspieler dabei gewesen, hätte es wahrscheinlich zum Titel gereicht. Wir haben derzeit keinen Leistungsträger, der für die nächsten beiden großen Ereignisse (WM 2023, Olympia 2024) aus Altersgründen ausscheiden müsste. Aktuell können aus meiner Sicht nur die USA und Serbien stärkere Teams ins Feld führen!

Europäischer Basketball vs. NBA

Nach der Vorrunde sahen sich die Stimmen bestätigt, die Serbien, Griechenland und Slowenien als Favoriten auserkoren hatten. Die NBA-Superstars Nikola Jokic, Giannis Antetokounmpo und Luka Doncic hatten ihre Teams zum Gruppensieg geführt. Jedoch erreichte keine dieser Mannschaften das Halbfinale, was natürlich auch mit dem Knockout-Modus ab dem Achtelfinale zusammenhing, bei dem ein schlechtes Spiel zum Verhängnis werden kann. Dennoch wurde offensichtlich, dass der europäische Basketball anders funktioniert als die NBA. Es gibt keine illegale Verteidigung, die Freiräume für die Stars sichert. Das Spiel ist taktischer, defensiv- und teamorientierter. Auch beim Sieg der DBB-Auswahl gegen Griechenland wurde dies deutlich (Highlights unten) Spanien und Deutschland waren unter anderem erfolgreich, weil sich die NBA-Spieler dieser Mannschaften in die Strukturen einfügten. Provokante These: Die besten Spieler zeigen ihre Künste in der NBA, der beste Basketball wird in Europa gespielt.   

Kochs Nachschlag

Diese EuroBasket war ein Höhepunkt, aber auch nur eine Momentaufnahme. So sehr ich mir wünsche, dass unser Sport dauerhaft stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerät, weiß ich aus Erfahrung, dass das Interesse am Basketball sehr wahrscheinlich keine neuen Dimensionen erreichen wird. Deshalb kann ich mit den vereinzelten „Große-Chance-Prophezeiungen“ wenig anfangen. Aber sicher ist, dass das Spiel unter den Körben sein Stammpublikum stärker an sich gebunden hat und den einen oder anderen neuen Fan gewonnen hat. Das ist zwar kein Riesensprung, aber eine positive Nachricht.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.