Nach ziemlich genau vier Monaten ist es an der Zeit, zum zweiten Mal in dieser Saison den Fragenhagel niederprasseln zu lassen. Da es viele interessante Themen gibt, verzichte ich auf eine Einleitung und lege sofort los. Stopp: Natürlich muss ich noch um Verständnis bitten, dass ich nicht alle Fragen beantworten kann!
Wie bewertest Du das Vertrauen Rostocks in Christian Held, den aktuell jüngsten BBL-Coach?
Dieses Vertrauen ist Ausdruck einer großen Loyalität. Ich schätze Christian und wünsche ihm, dass er den Turnaround schafft. Aber man muss auch konstatieren, dass diese Entscheidung mit einem hohen Risiko verbunden ist. Bei der Niederlage am Wochenende in Heidelberg wurde in der Schlussphase deutlich, wie sehr das Selbstvertrauen durch elf erfolglose Partien gelitten hat. Die Rostocker Pressemitteilung liest sich wie ein Treueversprechen bis zum Saisonende. Aber wie viele Niederlagen können die Verantwortlichen noch tolerieren? Der Abstieg wäre für dieses ambitionierte Programm ein herber Rückschlag.
Wo siehst Du die Chemnitzer Jonas Richter und Kevin Yebo in der nächsten Saison?
Es wird für die NINERS schwer werden, die beiden Big Men zu halten. Richter hat vor dieser Saison seinen Vertrag bewusst nur um ein Jahr verlängert, um danach den Markt aktiv testen zu können. Mit den Erfolgen der Sachsen und damit verbunden einem besseren internationalen Wettbewerb als dem FIBA Europe Cup bestehen aber zumindest Chancen, den Kapitän an Bord zu behalten. Im Falle von Kevin Yebo ist dies diffiziler, weil vermutlich ein größeres Interesse aus dem europäischen Ausland bestehen dürfte als bei Richter.
Welche Spieler haben in dieser Saison ihren Marktwert am meisten gesteigert?
An erster Stelle ist hier Otis Livingston II zu nennen: Der US-Einser musste in der vergangenen Saison in Crailsheim gehen, stieg danach mit Bayreuth ab, aber jetzt ist er Topscorer der Liga und brilliert als Anführer in Würzburg. Außerdem sein Mannschaftskamerad Zac Seljaas, der im Oberhaus genauso so gute Zahlen wie für Tübingen in der ProA auflegt. Dazu Tommy Kuhse, das Vechtaer Pendant zu Livingston. Und auch Jeff Garrett, der nach Jahren in kleineren Ligen jetzt der effektivste Spieler des Tabellenführers aus Chemnitz ist.
Falls es stimmt: Was hältst Du vom Wechsel deines früheren Spielers Anton Gavel als Head Coach nach Bamberg?
Für Bamberg wäre es ein echter Coup. Anton war ein integraler Bestandteil der Meisterteams unter Chris Fleming und ist eine ausgewiesene Identifikationsfigur für die Fans. Ob diese Entscheidung für Anton selbst zum jetzigen Zeitpunkt seiner Karriere richtig wäre, müsste die Zeit zeigen. Ich sehe aber schon einige Fragezeichen. Bamberg wird nicht mehr den Status der Vergangenheit erlangen können. Selbst wenn ein Sponsor käme, der ähnlich viel Geld wie Michael Stoschek investiert, bleibt es dabei, dass die Euroleague den Standort einfach nicht sexy findet. Ulm war in den letzten Jahren Dauergast im Eurocup, und Anton hatte große Rückendeckung. Für mich ist er ein riesiges Coach-Talent. Angesichts seines Potenzials hätte es mit Sicherheit auch andere Optionen gegeben.
Wie bewertest Du die Olympiagruppen der beiden DBB-Teams?
Die Gruppe der Frauen ist sehr schwer. Die USA sind der Turnierfavorit, Belgien der amtierende Europameister und Japan ein Top-Ten-Team der Weltrangliste. Das Erreichen des Viertelfinales wäre ein riesiger Erfolg. Die Männer dürften sehr wahrscheinlich weiterkommen. Japan sollte genauso geschlagen werden wie der Qualifikant aus Riga. Gastgeber Frankreich verfügt über einen großen Pool an talentierten und athletischen Spielern, genießt den Heimvorteil, muss aber andererseits auch mit dem Erwartungsruck umgehen. Im Duell mit unserem westlichen Nachbarn sollte die Entscheidung um den Gruppensieg fallen.
Kochs Nachschlag: Wo landen die Baskets am Ende der Hauptrunde?
Mittlerweile tragen mit Würzburg, Bonn, Oldenburg und Bamberg vier Mannschaften die (aus meiner Sicht unsägliche) Bezeichnung „Baskets“ im Vereinsnamen. Das macht es mir unmöglich zu wissen, auf welche Mannschaft sich deine Frage bezieht, aber ich denke, dass die Baskets auf dem vierten Rang, zweimal in den Play-Ins und einmal knapp dahinter landen werden.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.