Es ist Zeit für den ersten Fragenhagel der Saison. Ich habe die (vermeintlich) interessantesten Einsendungen ausgewählt. Nach dieser Ausgabe folgt zeitnah noch ein zweiter Teil. Los geht’s.
Wie kriegen die Bayern Spencer Dinwiddie so integriert, dass er auch im europäischen Basketball sein volles Potenzial entfalten kann?
Aus meiner Sicht ist es fast schon ein Dilemma, das zu realisieren. Dinwiddies Zahlen sind für die Bundesliga (13,5 Punkte, 3,5 Assists, 39 Prozent aus dem Feld) und die Euroleague (13,2 Punkte, 3,1 Assists und 37,9 Prozent aus dem Feld) beinahe identisch. Ich denke, dass sich die Münchner bei allen diesen drei Schlüsselwerten mehr erhofft hatten. Dazu kommt, dass der vielfache NBA-Spieler außerhalb der Crunchtime-Minuten in der Verteidigung phasenweise nicht mit voller Konsequenz zu Werke geht. Sollten die Bayern den 32-Jährigen als Point Guard oder als Shooting Guard spielen? Das ist die grundsätzliche Frage, die sich aus meiner Sicht stellt – und damit bin ich bei dem zu Beginn formulierten Dilemma. Auf der Eins ist Dinwiddie ein scorender Point Guard, der häufig selbst den Abschluss sucht. Für mich geht der Ball in dieser Konstellation durch zu wenige Hände. Der Amerikaner bekommt in der Regel immer irgendwie einen Wurf weg und ist zudem ein Meister darin, Fouls zu ziehen, aber insgesamt tendiert er dazu, das Eins-gegen-eins zu stark zu forcieren. Für mich wäre er auf der Zwei besser aufgehoben, aber das ist auch schwierig angesichts der Tatsache, dass Andi Obst auf dieser Position viele Minuten erhalten sollte. Bayern und Dinwiddie, ein Missverständnis? Es wäre übertrieben das zu sagen, aber er ist auch weit davon entfernt, die perfekte Nachverpflichtung für dieses Team zu sein.
Was muss passieren, damit Trier auch ohne Eli Brooks so überraschend stark bleibt?
Eli Brooks war ein ganz wichtiger Baustein im Trierer Haus. Ohne eine Nachverpflichtung ist es für den Neuling fast unmöglich, diese fantastische Saison in den bisherigen Bahnen fortzusetzen. Ich habe die Befürchtung, dass Jordan Roland ohne einen neuen und qualitativ starken Backcourt-Partner so massiv in den Fokus der gegnerischen Verteidigungen rücken wird, dass er von seiner überragenden Effektivität einbüßen würde. Klare Ansage: Trier muss einen neuen Spieler holen. Die Klubführung hat dies auch schon angekündigt. Aber es ist natürlich schwer für ein Team mit überschaubarem Budget, in dieser Saisonphase einen Guard wie Eli Brooks adäquat zu ersetzen. Allerdings ist es immer noch leichter, als einen guten deutschen Spieler oder einen amerikanischen Big Man zu finden. Von daher befinden sich die Trierer zumindest in einer besseren Ausgangslage als Mitaufsteiger Jena, der für seinen Center Great Osobor nach dessen Knieverletzung bei der spanischen Nationalmannschaft nachverpflichten muss. Ein neuer Spieler muss sich eingewöhnen. Deshalb rechne ich mit Reibungsverlusten und gehe nicht davon aus, dass die Moselstädter sich weiterhin so weit oben im Klassement einnisten werden. Aber auch mit Brooks hätte ich das erwartet, allerdings sanfter. Trotzdem bleiben die Schützlinge von Jacques Schneider die größte Überraschung der Saison!
Wer sind deine Kandidaten für die Auszeichnungen als Trainer des Jahres und als wertvollster Spieler?
Den heißesten Kandidaten für den Trainer des Jahres habe ich im letzten Satz der vorherigen Antwort genannt. Im Moment wäre Jacques Schneider eindeutig die erste Wahl, und Marco Ramondino vom SYNTAINICS MBC wäre sein härtester Konkurrent. Schaut man auf die letzten Jahre, wäre eigentlich eine Auszeichnung für die kontinuierliche Arbeit von Sasa Filipovski fällig, der auch in dieser Saison mit seiner Würzburger Mannschaft wieder national und international gut unterwegs ist.
Beim MVP zeichnet sich für mich noch kein klares Bild ab. In Jordan Roland haben die Trierer hier zumindest auch einen Akteur in der Diskussion. Ich hätte nie gedacht, dass er diese Entwicklung nehmen würde. Er ist auf Spielerseite für mich die positivste Überraschung der Saison. Nachdem zuletzt mit Otis Livingston und Jhivvan Jackson zwei Würzburger ausgezeichnet wurden, schicken die Unterfranken in Marcus Carr erneut einen Point Guard mit guten Chancen ins Rennen. Jaedon LeDee, der bislang effektivste Spieler der Liga, hat verletzungsbedingt erst sechs Partien bestritten. Ich erwarte im Kampf um die MVP-Krone noch viel Bewegung.
Kochs Nachschlag …
… kommt in Form des zweiten Teils des Fragenhagels. Stay tuned!

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital, DAZN und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Im Podcast "Talkin‘ Basketball", der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist, sprechen er und Oliver Dütschke regelmäßig mit Protagonisten aus der deutschen Basketballszene. Seine Kolumne zum BBL-Geschehen findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag".






















