Zwei Jahre ist es her, dass die deutsche Herren-Nationalmannschaft sensationell den Weltmeistertitel gewann. Bis auf das oberste Podest des Treppchens hat es für die U19-Auswahl des DBB zwar nicht gereicht, aber der zweite Platz bei den am Sonntag in Lausanne zu Ende gegangenen Weltmeisterschaften ist der größte Erfolg eines deutschen Nachwuchsteams bei globalen Titelkämpfen. Die Mannschaft von Bundestrainer Alan Ibrahimagic zog ungeschlagen durch das Turnier, ehe im Finale die übermächtigen US-Amerikaner mit einem deutlichen 109:76 die Siegesserie stoppten.
Der Weg dieser Mannschaft …
… begann 2022 bei den U16-Europameisterschaften, allerdings in der B-Gruppe! Das Team gewann in Sofia den „kleinen Titel“, 2024 folgte mit dem Gewinn der Europameisterschaft in der Altersgruppe U18 der große Wurf. Acht der zwölf Vizeweltmeister standen 2022 bereits im Kader. Hannes Steinbach war zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit dabei, aber zwei Jahre später wurde er gemeinsam mit Christian Anderson bei den U18-Europameisterschaften ins All-Star-Team berufen. Noch bedeutsamer als diese individuellen Auszeichnungen war aber natürlich der erste Europameistertitel einer männlichen Nachwuchsmannschaft, der durch einen 93:83-Finalsieg gegen Serbien gefeiert werden konnte. In der Schweiz bestätigte die Mannschaft diesen Erfolg mit der Vizeweltmeisterschaft und untermauerte ihre Spitzenstellung in Europa.
Die Schlüsselspieler
Mit Ivan Kharchenkov, der im Juni mit dem FC Bayern München Deutscher Meister wurde und für die kommende Saison an die University of Arizona wechselt, fehlte der DBB-Auswahl in Lausanne ein absoluter Leistungsträger. Umso höher ist der Finaleinzug zu bewerten.
Anderson und Steinbach schafften es wie vor einem Jahr erneut in das All-Tournament First Team. Steinbach hat in den letzten beiden Jahren eine atemberaubende Entwicklung genommen. In den BBL-Playoffs legte er ein Double-Double auf (14,8 Punkte, 10,4 Rebounds) und zog mit Würzburg ins Halbfinale ein. Der Spätentwickler lieferte auch bei der WM glänzende Zahlen (17,4 Punkte und 13,0 Rebounds) und war der effektivste Spieler des Turniers! Auch er wird ans College wechseln und zukünftig das Trikot der University of Washington tragen.
Anderson verfügt bereits über ein Jahr NCAA-Erfahrung. Der Deutsch-Amerikaner wuchs in den Vereinigten Staaten auf und spielte eine starke erste College-Saison für Texas Tech. Der Guard scheut nicht die Verantwortung in großen Spielen (31 Punkte und fünf Assists im EM-Finale 2024) und ist sowohl ein starker Scorer als auch ein exzellenter Passgeber. Seine 6,6 Assists waren der zweitbeste Wert bei den Weltmeisterschaften.
Sein kongenialer Backcourt-Partner Jack Kayil bereitete exakt die gleiche Zahl an Korberfolgen vor. Nach einer Saison in der ProA in Vechta und einer Spielzeit in Serbien kehrt der Berliner jetzt auf Leihbasis in seine Heimatstadt zurück. Kayil ist der einzige Vizeweltmeister, der bereits für die A-Nationalmannschaft gespielt hat. Er debütierte im November 2024 in der EM-Qualifikation gegen Schweden.
Nach einem starken High-School-Jahr wird der Ex-Ulmer Eric Reibe in der nächsten Saison für die University of Connecticut spielen. Der Linkshänder hat zwar mittlerweile seinen Status als bester deutscher Big Man seines Jahrgangs an Steinbach verloren, war aber bei der WM als drittbester Scorer (15,4 Punkte) trotzdem eminent wichtig.
Declan Duru (11,4 Punkte und 5,4 Rebounds) komplettierte die Startformation und stand erneut als einziger Spieler des Jahrgangs 2007 im Kader. Der 18-Jährige, der seinen Wurf verbessert hat, wird Real Madrid verlassen. Bei den Königlichen debütierte er in der vergangenen Spielzeit sowohl in der ACB als auch in der Euroleague. Am Dienstag gab der Combo-Forward bekannt, dass er an die University of Texas wechseln wird.
Kochs Nachschlag
Es ist keineswegs despektierlich gegenüber den anderen Spielern des Teams gemeint, aber hinter diesen ersten Fünf klaffte eine Qualitätslücke. Der neue Weltmeister USA war deutlich ausgeglichener besetzt. Die Amerikaner waren mit sieben Spielern des jüngeren Jahrgangs 2007 angetreten, was das riesige Reservoir auf der anderen Seite des Atlantiks unterstreicht. Fünf der ersten sieben Spieler des NBA-Drafts, darunter die beiden Top-Picks Cooper Flagg und Dylan Harper, sind US-Staatsbürger und im Jahr 2006 geboren. Sie hätten somit auch in der Schweiz spielen dürfen! Die USA stehen unangefochten ganz oben, aber direkt dahinter folgt Deutschland. Das ist ein Entwicklungssprung, der noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital, DAZN und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Im Podcast "Talkin‘ Basketball", der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist, sprechen er und Oliver Dütschke regelmäßig mit Protagonisten aus der deutschen Basketballszene. Seine Kolumne zum BBL-Geschehen findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag".