Stand: FC Bayern München (1) – ratiopharm ulm (2) 1-2
Was wir bisher gelernt haben: Dass Tobias Jensen, wie prognostiziert, zum Ulmer X-Faktor avancieren kann. Etwas verwunderlich dann doch: Dem 21-Jährigen gelingt das auch offensiv. 9,7 Punkte legt Jensen bisher pro Partie auf – mehr als doppelt so viele wie in der Hauptrunde! In der dritten Partie hielt er mit zwei Dreiern kurz vor der Pause und elf Zählern in der ersten Hälfte Ulm im Spiel. Defensiv agiert Jensen gewohnt stark gegen Andi Obst, Shabazz Napier und Co.
Die besondere Brisanz liegt natürlich in der möglichen Entscheidung dieser Final-Serie. Die Bayern müssen die vierte Partie gewinnen – und das auswärts in Ulm, wo die Schwaben in dieser Saison 21 von 22 Heimspielen im Ligabetrieb gewonnen haben; 16 davon in Serie, die einzige und letzte Heimniederlage datiert aus dem vergangenen Jahr (genauer am 14. Dezember 2024 mit 67:69 gegen Heidelberg). Beschert die Heimstärke den Ulmern den zweiten Titel ihrer Vereinsgeschichte nach 2023? Allerdings haben die Bayern in dieser Saison auch erst zwei Mal drei Niederlagen in Serie kassiert – und das jeweils auch nur wettbewerbsübergreifend: Zum Jahresbeginn in Madrid, Berlin (BBL) und Piräus sowie einen Monat davor bei Roter Stern Belgrad, gegen Vechta und bei Anadolu Efes Istanbul.

Rekordverdächtig I: Damit würde der Zweite der Hauptrunde den Ersten in den Finals bezwingen, was kein Novum wäre, aber doch recht selten vorkommt: Die vergangenen sieben Finals-Duelle zwischen dem Ersten und Zweiten der Hauptrunde gingen allesamt an den Ersten; so auch in der vergangenen Saison, als die Bayern gegen Berlin gewannen. Zuletzt gewann in der Saison 1989/90 ein Zweiter eine Finalserie gegen den Ersten (Leverkusen gegen Bayreuth).
Der Blick zurück: Veni, vidi, vici - Justinian Jessup, benannt nach einem römischen Kaiser, herrschte in der Crunchtime des dritten Spiels: Alle zehn Ulmer Punkte in den letzten zweieinhalb Minuten gingen auf das Konto des Flügelspielers, mit einem persönlichen 10:2-Lauf führte Jessup Ulm zum 81:79-Auswärtserfolg! Auf der Gegenseite vergab Nick Weiler-Babb mit der Schlusssirene den Dreier zum Sieg.
Duell im Fokus: Womit sich Justinian Jessup auch in eine gute Position für die Auszeichnung zum Finals-MVP gebracht hat (siehe Rubrik weiter unten). Bereits im Auftaktspiel hatte der Flügelspieler 22 Zähler aufgelegt, durchschnittlich kommt Jessup in den Finals auf 18,0 Zähler bei einer Dreierquote von 44,0 Prozent. Jessup ist dabei mehr als ein reiner Schütze aus dem Catch-and-Shoot, er trifft den Dreier auch aus dem Dribbling, im vierten Viertel des dritten Spiels packte er sogar den Fadeaway aus dem Post-up aus. Während Jessup in Ulm schon immer vornehmlich als Scorer gefragt war, ist Shabazz Napier in den Finals noch mehr in diese Rolle geschlüpft. Er soll das Fehlen von Carsen Edwards kompensieren, mit Justus Hollatz von der Bank kommend überlässt Napier dem deutschen Guard meist den Spielaufbau. Napier legte beim Münchener Sieg 20 Zähler auf und kommt auf 14,7 Zähler pro Finals-Partie, jedoch leistet er sich mehr Ballverluste (2,3 TPG) als er Assists (1,0 APG) verteilt.

Zahlen, bitte: Die Bayern switchen in der Verteidigung immer wieder, dadurch müssen die Ulmer offensiv selbst häufig aus dem Eins-gegen-Eins abschließen. Darauf scheinen sie sich aber eingestellt zu haben, denn von Spiel zu Spiel schließen sie daraus effizienter ab: Im ersten Spiel waren es nur 0,50 Punkte pro Abschluss aus dem Eins-gegen-Eins, in der zweiten Partie schon 0,75 Zähler, und im dritten Duell steigerten sie sich auf starke 1,25 Punkte pro Abschluss.
Die ewige Bilanz fällt mit 25-16 in den Duellen seit 1988/89 zugunsten der Bayern aus, ein Playoff-Spiel haben die Münchener in der Münsterstadt aber noch nicht für sich entschieden – klar, es gab zuvor erst eine Playoff-Serie, die Ulm im Halbfinale 2023 per Sweep gewann.
Meilensteine: Ulms Philipp Herkenhoff wird seinen 200. Einsatz in der Beletage absolvieren. Münchens Vladimic Lucic ist vier Rebounds davon entfernt, die Marke von 1.000 in seiner Bundesligakarriere zu knacken.
Rekordverdächtig II: Bei einem Sieg im vierten Spiel würden die Ulmer sich nicht nur als Meister bezeichnen dürfen, sondern die Saison mit nur einer Heimniederlage beenden. Zuletzt gelang dies einem Team in der Saison 2022/23, damals konnten sich die Bonner – die Ulmer wissen das natürlich – aber nicht zum Meister krönen. Gar ohne Heimniederlage überstand ein Meister zuletzt 2018/19 die Saison, das gelang damals den Bayern.
Im Blick des Bundestrainers: Johannes Voigtmann absolvierte seine bisher beste Partie der Finalserie: Zwölf Punkte, vier Rebounds und fünf Assists zeichnen das gewohnte Bild eines Point Centers. Jedoch stand Voigtmann ebenso nicht in der Crunchtime auf dem Parkett wie Niels Giffey (bis auf eine Verteidigungssequenz), welcher mit 16 Punkten ebenfalls stark aufspielte. Die beiden Weltmeister verzeichneten mit 22 respektive 20 den besten „Plus / Minus“-Wert ihres Teams – was auch Bundestrainer Alex Mumbru aufgefallen sein dürfte. Derweil musste Gordon Herbert selbst anerkennen, dass „unsere Starter etwas müde aussehen“, wie die Süddeutsche Zeitung hier rund um die Münchener Erschöpfung den Bayern-Headcoach zitiert.
Am Rande der Bande saß bei den Bayern Oscar da Silva nicht mehr in Zivil, sondern war Teil des Kaders. Eingesetzt wurde der Big Man jedoch nicht. Ob bei Ulm Ben Saraf und Noa Essengue im vierten Duell auflaufen werden, dazu wollen sich die Ulmer nicht äußern. Der Hintergrund: Die erste Runde der NBA-Draft findet in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag deutscher Zeit statt, beide Nachwuchsstars dürfen sich Chancen ausrechnen, in jener Runde gezogen zu werden. „Ich kann zur Situation von Noa und Ben nichts sagen“, wird Ulms Coach Ty Harrelson hier bei basketball-world.news zitiert.
Bewegte Bilder: Wie Justinian Jessup das Spiel für die Ulmer gewann? So:
Sonstiges: Der gebürtige Münchener Karim Jallow kann Deutscher Meister werden gegen die eigene Geburtsstadt. Wer das in der BBL-Historie noch geschafft hat? Da kommen sofort Heiko Schaffartzik und das Jahr 2014 in den Sinn, damals gewann der Aufbauspieler mit München sogar in Berlin – und das in dramatischer Weise (siehe hier im Video). Insgesamt gibt es nur vier Spieler aus der digitalen Ära seit 1998, die gegen ihre Geburtsstadt Deutscher Meister geworden sind, wobei nur Schaffartzik und Niels Giffey auch bei dem Finalgegner ausgebildet worden waren.
- 2014: Heiko Schaffartzik mit München in Berlin
- 2019: Maodo Lo mit München gegen Berlin
- 2022: Oscar da Silva mit Berlin in München
- 2024: Niels Giffey als früherer ALBA-Kapitän mit München in Berlin
2024 stand auch der gebürtige Berliner Nelson Weidemann im Münchener Kader, wurde aber im Finale nicht eingesetzt. Ansonsten wäre höchstens Lucca Staiger noch zu erwähnen, der 2016 mit Bamberg den Titel holte gegen Ulm – und im keine zehn Kilometer entfernten Blaubach geboren wurde.
Der Finals-MVP: Sollte Ulm am Dienstag gewinnen, hätte nach den ersten drei Partien neben dem nervenstarken Schützen Justinian Jessup (18,0 PPG, 48,3 FG%, 44,0 3P%, 14,7 EFF) wohl am ehesten Karim Jallow (13,4 PPG, 4,7 RPG, 2,3 SPG, 13,3 EFF) als emotionaler Anführer seines Teams noch Chancen auf die Auszeichnung als wertvollster Spieler der BBL-Finals. Der wird übrigens mit der Schlusssirene des letzten Finales von einem Expertenpool digital gewählt. Darunter sind in diesem Jahr als Dyn-Experten die drei früheren DBB-Kapitäne Patrick Femerling (221 Länderspiele), Heiko Schaffartzik (115) und Basti Doreth (96), lokale Medienschaffende aus den Städten der beiden Finalteilnehmer sowie eine Gruppe von Medienschaffenden mit besonderem Wissen über den deutschen Basketball generell und unsere Liga im Besonderen. Anders als bei den Saison-Awards, für die in den letzten Tagen der Hauptrunde ohne Zeitdruck abgestimmt werden kann, stimmen die Kapitäne und Assistenz-Trainer der Klubs beim Finals-MVP ebenso wie beim MVP des Pokalwochenendes nicht mit ab, da sie nicht zwangsläufig live schauen und deshalb nicht spätestens mit der Schlusssirene abstimmen können.
Alte Bekannte: Bei Ulm haben Nelson Weidemann und der gebürtige Münchener Karim Jallow eine Vergangenheit in der bayrischen Landeshauptstadt, bei den Bayern lief Andi Obst für die Ulmer auf. Von 2019 bis 2021 trug Obst das Ulmer Trikot, ehe er im Anschluss zu den Bayern wechselte. Weidemann und Jallow standen im Nachwuchsprogramm der Münchener, bei den Profis schafften sie aber nicht den Durchbruch, womit beide ausgeliehen wurden, Weidemann gleich mehrmals. So spielte Jallow beim Meistertitel 2018 mit den Bayern nur eine kleine Rolle. Weidemann kehrte zur Saison 2023/24 nach München zurück, kam dort aber nicht über 20 Ligaeinsätze und eine Spielzeit von durchschnittlich zehn Minuten hinaus, woraufhin er im vergangenen Sommer München in Richtung Ulm verließ. Weidemann und der verletzte Elias Harris kennen sich aus einer gemeinsamen Saison in Bamberg (2019/20).
Fernsehen / Livestream: Die Partie wird am Dienstag ab 19.30 Uhr live bei Dyn übertragen. Kommentator vor Ort ist Michael Körner, es moderiert Anett Sattler. Als Experte ist Heiko Schaffartzik am Mikro. Dyn ist das Zuhause der Basketballfans und bietet übrigens einen vergünstigten Playoff-Pass an, alle Details zu dem Angebot gibt es hier. Der Sender strahlt alle Begegnungen der easyCredit BBL, des BBL Pokals sowie Spiele der Basketball Champions League, des FIBA Europe Cups und der amerikanischen Collegeliga NCAA aus. Das umfangreiche Basketball Live-Programm wird von redaktionellen Formaten ergänzt, die auf der Dyn-Plattform und im Anschluss über die Social-Media-Kanäle von Dyn frei empfangbar sein werden. Dyn ist über den Webbrowser, Mobilgeräte, Tablets, Streaming-Sticks und Smart-TVs verfügbar. Für Sportfans, von Sportfans. Dyn Basketball. Dein Sender. Dein Sport. Der SWR überträgt die Partie hier im Livestream.