Stand: FC Bayern München (1.) - MLP Academics Heidelberg (5.) 0-1
Titel: München: Deutscher Meister 1954, 1955, 2014, 2018, 2019, 2024 – Deutscher Pokalsieger 1968, 2018, 2021, 2023, 2024 / Heidelberg: Deutscher Meister 1957, 1958, 1959, 1960, 1961, 1962, 1966, 1973, 1977 – Deutscher Pokalsieger 1977, 1978
Status Quo: Mit dem 95:90-Erfolg der MLP Academics Heidelberg im ersten Spiel haben die Schützlinge von Danny Jansson dem FC Bayern München die erste Playoff-Niederlage seit fast einem Jahr zugefügt. Heidelberg hat damit den Heimvorteil an sich gerissen und wie bereits im Viertelfinale gegen Chemnitz (3:1) bewiesen, dass die Mannschaft sich in der Rolle des Außenseiters pudelwohl fühlt. Entsprechend hat der Hauptrundenfünfte nun vor eigenem Publikum die Chance, sich gegen den amtierenden Meister den ersten Matchball zu erkämpfen - was die Bajuwaren freilich zu verhindern suchen.
Die besondere Brisanz: … ergibt sich für den FC Bayern München aus der Tatsache, dass durch die Pleite in der Auftaktbegegnung schon jetzt ordentlich Druck auf dem Kessel ist. Außerdem bleibt abzuwarten, ob Devin Booker wird spielen können. Der Center der Bayern wurde im ersten Halbfinale mit einer Fußverletzung ausgewechselt und kam nicht zurück. München fehlt in Nationalspieler Oscar da Silva bereits ein Big Man und im letztjährigen Finals-MVP Carsen Edwards (14,9 Punkte) der Topscorer (Booker ist zweitbester Werfer mit 12,0 Zählern). Zudem stand Jüngling Ivan Kharchenkov nicht im Zwölferkader (und wechselt laut Gerüchten für die kommende Saison zu den Arizona Wildcats in die NCAA).
Was wir bisher gelernt haben: Die Akademiker sind die Crunchtime-Könige der easyCredit BBL. Diesen Ruf hat Heidelberg sich während der regulären Saison erarbeitet und in der Postseason eindrucksvoll bestätigt. Drei der fünf absolvierten Begegnungen endeten mit einer Differenz von fünf oder weniger Punkten - dabei ging die Jansson-Équipe stets als Sieger vom Parkett. Allerdings fährt Danny Jansson speziell durch die verletzungsbedingten Ausfälle der Big Men Mateo Seric und Osun Osunniyi eine extrem kurze Rotation: sechs Spieler mit teilweise hoher zweistelliger Einsatzzeit (Marcel Keßen mit 37:17 Minuten), dazu neun Minuten für Erol Ersek, sechs für Niklas Würzner und vier für Andrew O'Brien (alle drei Guards). Das hat Stefan Koch vor der Serie in seiner Analyse als einen möglichen Knackpunkt ausgemacht.

Was wir noch gelernt haben bzw. bereits wussten: Die Basketball-Profis Michael Weathers und Vlado Lucic sind clutch! Weathers lieferte mit 23 Punkten, drei Rebounds, fünf Assists und zwei Steals an beiden Enden des Feldes das komplette statistische Paket ab. Sein amtlicher Dunk in der Crunchtime und seine zwei Dreier gaben den Academics jenen Schwung, der sie in Führung liegend über die Ziellinie brachte. Beim FCB setzte sich Lucic mit 22 Zählern teamintern die Topscorer-Krone auf. Seine schwierigen Dreier auf der Zielgeraden sorgten dafür, dass München stets in Reichweite blieb und Heidelberg sich des Vorsprungs zu keinem Zeitpunkt sicher sein konnte.

Die Deutschen im Fokus: Heidelbergs Center Marcel Keßen zauberte für die MLP Academics im ersten Halbfinale das beste Spiel seiner BBL-Karriere auf das Parkett. Mit einem Effektivitätswert von 27 war der 28-Jährige dabei statistisch ebenso wertvoll wie die vier Weltmeister im Kader des FC Bayern München zusammen:
- Marcel Keßen (0 Länderspiele): 27 EFF (17 PTS, 7/10 FG, 11 REB, 3 ASS)
- Joe Voigtmann (121 Länderspiele): 9 EFF (7 PTS, 3 REB, 3 ASS)
- Niels Giffey (118 Länderspiele): 7 EFF (5 PTS, 5 REB)
- Andi Obst (79 Länderspiele): 5 EFF (8 PTS, 1 REB, 3 ASS)
- Justus Hollatz (45 Länderspiele): 6 EFF (4 PTS, 3 REB)
Der 43-malige Nationalspieler Paul Zipser (43 Länderspiele) kam gegen seinen früheren Klub auf fünf Punkte, einen Rebound und vier Assists (8 EFF), bei den Bayern lieferte Nick Weiler-Babb (22 Länderspiele, EM-Bronze 2022), eine starke Vorstellung (29 EFF, 18 PTS, 5 REB, 7 ASS).
Wilde Wechselspiele in der Defense: Es stellt sich die Frage, wer wen in der Startformation verteidigen wird, denn im ersten Halbfinale wurde doch sehr auf Cross-Matching gesetzt. Die Center Devin Booker (bzw. zu Beginn der zweiten Hälfte Joe Voigtmann) und Marcel Keßen sowie die Combo Forwards Jack White und Paul Zipser deckten sich gegenseitig, aber danach wurde es wild:
Bakary Dibba war auf Münchens Edelschützen Andi Obst angesetzt, der wiederum Heidelbergs Einser DJ Horne deckte, der zwar seinerseits Münchens Einser Nick Weiler-Babb verteidigte, Weiler-Babb aber war als bester Verteidiger der Saison eben nicht auch auf den gegnerischen Aufbau, sondern auf Heidelbergs Zentralgestirn Ryan Mikesell angesetzt worden. Mikesell wiederum achtete hinten auf Vladimir Lucic, der im Gegenzug Dibba deckte, womit der Kreis sich schloss.
Ein Fazit daraus war, dass der Combo Forward Dibba den Shooting Guard Obst bei acht Punkten bei einer Quote von drei von elf Feldwürfen hielt (27,3 Prozent), Obst selbst aber vom athletischeren Horne einen Großteil von dessen 26 Zählern eingeschenkt bekam (10/19 Würfe, 52,6 Prozent). Werden die Bayern im zweiten Halbfinale Weiler-Babb auf Horne setzen oder eine ganz andere Variante auspacken?
Die Trainer: Der Kanadier Gordon Herbert (Jahrgang 1959) hat seine Profikarriere als Spieler zum größten Teil in Finnland verbracht und dort auch seine ersten Trainerstationen gehabt. Danny Jansson (Jahrgang 1979) ist zwar Finne, hat aber nie unter Herbert gespielt oder überhaupt beruflich mit ihm zu tun gehabt. Aber als Herbert 1995 als Trainerdebütant mit seinem Team aus Uusikaupunki in den Playoffs stand, war Jansson als Nachwuchstalent mit seinen Mitspielern und jeder Menge Trommeln am Start, was er auch mit Privataufnahmen von damals belegen kann (auf dem Foto unten steht er links in der zweiten Reihe). Was die jüngere Vergangenheit der beiden Trainer angeht, hat Jansson aktuell vielleicht mehr zu lachen: Zwar stieg er vergangene Saison mit Tübingen ab und wechselte dann zum Fast-Absteiger Heidelberg, den er aber zum Überraschungsteam der Liga coachte. Herbert hatte sich als Bundestrainer zuletzt bekanntermaßen EM-Bronze, WM-Gold und Olympia-Halbfinale in die Vita geschrieben, aber die Saison als Klubtrainer in München hatte neben einigen Höhen (EL-Siege im SAP Garden) auch einige Tiefpunkte (Pokal-Aus im Halbfinale).

Zahlen, bitte: Aus den 13 Offensiv-Rebounds im ersten Spiel konnte München lediglich 16 Zähler generieren. Beide Mannschaften versenkten 15 Dreier, jedoch brauchte Heidelberg (28) dafür elf Versuche weniger als München (36).
Die ewige Bilanz: Seit 1966 gab es 23 Ligaduelle, von denen Heidelberg zwölf und München zehn gewann. 1970 endete eine Partie Unentschieden 80:80, und zwischen 1973 und 2021 gab es keine BBL-Duelle. Von den acht Partien seit dem Wiederaufstieg Heidelbergs gewann München sechs. Die beiden Klubs treffen das erste Mal in den Playoffs aufeinander.
Anzahl der Pflichtspiele: München: 75 / Heidelberg: 40
M/W/D – German Basketball is mad sexy: … und das nicht erst seit heute. Wer sich früher bereits mit dem deutschen Jugendbasketball beschäftigt hat, der weiß, dass in dieser Serie zwei ehemalige NBBL-Allstar MVPs aufeinandertreffen. Elias Harris (München) wurde beim jugendlichen Bestentreffen sowohl 2007 als auch 2008 ausgezeichnet, Paul Zipser (Heidelberg) kam diese Ehre anno 2012 zuteil.

Sonstiges: Zu welchem Klub hält eigentlich Danilo Barthel in dieser Serie? Der frühere DBB-Nationalspieler (62 Länderspiele) spielte von 2016 bis 2020 für die Bayern, war dort auch Kapitän und holte mit dem Klub 2018 das Double und 2019 erneut die Meisterschaft. 2019 war Barthel sogar der erste in Deutschland geborene Finals-MVP der Ligageschichte! Nach seinem Karriereende lebt der Forward immer noch in der bayrischen Landeshauptstadt … ist aber geboren in Heidelberg und startete beim aktuellen Halbfinalisten auch seine Karriere. Ein Dilemma, lieber Danilo?
Historisch wertvoll: Dieses Duell ist nicht nur rekordverdächtig, weil die beiden Klubs zusammen bereits 15 Deutsche Meisterschaften gewonnen haben, sondern auch, weil die MLP Academics Heidelberg erstmals seit 50 Jahren wieder in einem BBL-Halbfinale stehen. Was für eine Wiedergeburt! Der neunfache Deutsche Meister war 1966 Gründungsmitglied der Bundesliga, wurde aber 1985 nach dem dritten Abstieg in fünf Saisons in den Jahren danach bis in die Regionalliga durchgereicht und steht nun nach dem Wiederaufstieg 2021 in der vierten BBL-Saison endlich wieder in den Playoffs – und gleich auch im Halbfinale. Das letzte Mal, dass die Academics im Halbfinale standen, war 1975 als USC Heidelberg. Damals wurde Leverkusen in Hin- und Rückspiel knapp bezwungen (84:69 und 73:80, +8), das Finale gegen Gießen ging noch knapper verloren (69:84 und 67:56, -4). Die Heidelberger holten zwar 1977 noch den letzten ihrer neun deutschen Meistertitel, zu der Zeit gab es in der Bundesliga allerdings am Ende keine KO-Runde (und somit auch kein Halbfinale), sondern eine Endrunde der sechs besten Hauptrundenteams mit Hin- und Rückspiel.
Außerdem sind München und Heidelberg Gründungsmitglieder unserer Liga (die in der ersten Saison 1966/1967 in der Südgruppe Dritter bzw. Vierter wurden), und ein Playoff-Halbfinale mit zwei BBL-Klubs der ersten Stunde ist eine Rarität, die es seit Einführung der Playoffs mit drei Runden zur Saison 1985/86 erst einmal gab: 2014 gewann München mit 3-2 im Halbfinale gegen die EWE Baskets Oldenburg, die 1966/1967 beim Ligastart als Oldenburger TB auf dem sechsten Platz der Gruppe Nord landeten.
Bewegte Bilder: Hier noch die Highlights von Heidelbergs DJ Horne, der mit 26 Punkten Topscorer des ersten Halbfinales war:
Fernsehen / Livestream: Das macht Appetit auf das die zweite Halbfinalpartie, die am Mittwoch, 4. Juni, ab 19:45 Uhr live bei Dyn übertragen wird. Kommentator vor Ort ist Florian von Stackelberg, dem Anett Sattler und Heiko Schaffartzik unterstützend zur Seite stehen.
Dyn ist das Zuhause der Basketballfans und bietet übrigens einen vergünstigten Playoff-Pass an, alle Details zu dem Angebot gibt es hier. Der Sender strahlt alle Begegnungen der easyCredit BBL, des BBL Pokals sowie Spiele der Basketball Champions League, des FIBA Europe Cups und der amerikanischen Collegeliga NCAA aus. Das umfangreiche Basketball Live-Programm wird von redaktionellen Formaten ergänzt, die auf der Dyn-Plattform und im Anschluss über die Social-Media-Kanäle von Dyn frei empfangbar sein werden. Dyn ist über den Webbrowser, Mobilgeräte, Tablets, Streaming-Sticks und Smart-TVs verfügbar. Für Sportfans, von Sportfans. Dyn Basketball. Dein Sender. Dein Sport.