Im ersten Teil meiner Kolumne haben wir auf die ersten gut drei Jahrzehnte der Bundesliga geschaut, um herauszufinden, ob Spencer Dinwiddie der namhafteste NBA-Profi ist, der aus der besten Liga der Welt in die deutsche Beletage kam. Nun schauen wir auf das neue Jahrtausend.
Die Quantität und Qualität der ehemaligen NBA-Spieler nahmen im neuen Jahrtausend deutlich zu. Bobby Brown gehört nach den im Vorspann des ersten Teils genannten Kriterien eigentlich nicht in diesen Kreis, weil er erst nach seiner Saison in Berlin (2007/08) in der NBA debütierte. Aber andererseits spielte der explosive Guard danach noch einmal in Oldenburg (2011/12). Deshalb möchte ich zumindest seinen Namen nennen. Einen ähnlichen Weg beschritt zuvor schon Mike Penberthy, der nach seiner Hamburger Zeit bei den Los Angeles Lakers mitwirkte und 2005 in Berlin erneut in der Bundesliga auflief.

Terry Dehere wurde 1999/00 von ALBA BERLIN nachverpflichtet und erledigte professionell seinen Job, ohne dabei ins Rampenlicht zu rücken. Besonders interessant ist, dass Dehere eigentlich wegen des zuvor genannten Penberthy nach Deutschland kam. Deheres Vorgänger Frankie King (13 NBA-Spiele) hatte den Hamburger Spielmacher in der Vorrunde gewürgt und wurde daraufhin entlassen.
Erwähnen möchte ich auch die folgenden Spieler, weil sie vor ihrem Engagement in Deutschland mindestens 100 NBA-Partien in ihrer Vita stehen hatten. Tyrus Thomas wurde 2006 als vierter Name im Draft aufgerufen, enttäuschte aber 2015/16 in Bremerhaven mit einem Schnitt von 3,6 Punkten in 15 Begegnungen. Noch kürzere Gastspiele gaben Hollis Thompson 2018/19 in Crailsheim, Reggie Williams 2018/19 in Jena und Donald Sloan 2019/20 in Bonn. Auch Perry Jones kam 2020/21 (8,6 Punkte in 19 Auftritten) nur zu einer Stippvisite nach Würzburg. Phil Pressey verbrachte immerhin zwei Spielzeiten (2020-2022) in Oldenburg, ohne allerdings dabei zum Unterschiedsspieler zu avancieren. Matt Thomas, der insgesamt zwei Jahre in der Hauptstadt spielte, und Sterling Brown bildeten 2023/24 für die Berliner eine gefährliche Flügelzange, konnten die Albatrosse aber zu keinem Titel führen.

Wes Iwundu lief in der gleichen Spielzeit für RASTA Vechta auf und war bereit, eine Rolle zu akzeptieren, die anstelle der ersten Scoring-Option Verteidigung und Rebounding beinhaltete. Isaiah Roby war in der vergangenen Spielzeit in Ulm ein verletztes Mysterium. In Cristiano Felicio hatten die Ulmer bereits 2020/21 einen gestandenen NBA-Profi geholt, der ihnen verletzt wegbrach. Aber der Brasilianer hinterließ aufgrund seines freundlichen, bescheidenen und teamorientierten Auftretens trotzdem einen bleibenden Eindruck an der Donau. Das gilt auch für seinen Landsmann Bruno Caboclo, dem man seine Eskapaden gerne verzieh, weil er 2023 ein integraler Bestandteil der Meistermannschaft war.
Die Bamberger NBA-Heroen
In Bamberg liefen gleich fünf Spieler mit bemerkenswerter NBA-Vergangenheit auf. Dorell Wright kam 2017 mit der Empfehlung von 569 NBA-Spielen nach Bamberg, wo er solide 14,5 Zähler bei einer Dreierquote von 47 Prozent und 5,7 Rebounds pro Partie beisteuerte. Damit war der starke Distanzwerfer der effektivste Spieler bei den Oberfranken. Zwei Jahre später kam Jordan Crawford nach Freak City, wo er aber nur acht Spiele bestritt, aber ebenfalls als treffsicherer Scorer von jenseits 6,75 Meter überzeugte.

Aber letztendlich sind es Casey Jacobsen, Bostjan Nachbar, Darius Miller und P.J. Tucker, die einen größeren Platz in den Herzen der Fans einnehmen. An erster Stelle muss man hier Jacobsen nennen, der 2008/09 auch eine Saison in Berlin absolvierte. Er wurde in sechs Spielzeiten mit Bamberg fünf Mal Deutscher Meister und war das emotionale Herzstück der Teams in der Chris-Fleming-Ära. Seinen letzten Titel gewann er 2013 an der Seite von „Boki“ Nachbar. Der Slowene spielte nur eine Saison bei den Bambergern, bevor der 317-malige NBA-Spieler zum FC Barcelona weiterzog. Miller war als Combo-Forward die wichtigste 1-1-Waffe im System von Andrea Trinchieri und kehrte nach seinen Meisterschaften 2015, 2016 und 2017 wieder in die nordamerikanische Profiliga zurück. Tucker hatte vor der Saison 2011/12 in Bamberg bereits 2006/07 erste 17 NBA-Kurzeinsätze für Toronto absolviert, aber eigentlich startete seine NBA-Karriere erst nach seinem Erfolg in Bamberg (Finals-MVP) richtig durch.
Im Dutzend: NBA-Spieler bei den Bayern
Mit Derrick Williams begann 2018 die große Zeit der NBA-Spieler beim FC Bayern München. Die Verpflichtung des zweiten Picks des Drafts von 2011 sorgte im Vorfeld für viel Furore und während der Saison für atemberaubende athletische Highlights. Auch wenn Williams etwas inkonstant agierte, gewannen die Münchner die Meisterschaft. Eine Saison später machte Greg Monroe in der bayrischen Landeshauptstadt halt. Der Center war eher der Typus unspektakulärer Arbeiter. Der Nächste in der Reihe war 2022/23 Freddie Gillespie, ein Rebounder und Verteidiger mit einem extrem begrenzten offensiven Repertoire.
Vor der folgenden Spielzeit wechselten gleich drei NBA-Spieler nach München, darunter zwei Guards. Leandro Bolmaro zog bereits nach einem Jahr weiter, während Carsen Edwards eine zweite Saison blieb, in der er unter Gordon Herbert den Durchbruch schaffte. Der Shooting Guard brillierte als Topscorer der Euroleague und wurde zudem ins First Team der europäischen Königsklasse berufen. Aber der Coup schlechthin war die Verpflichtung von Serge Ibaka, einem Spieler mit über 1.000 NBA-Einsätzen und einem Meisterschafts-Ring mit den Toronto Raptors, der deshalb für mich vor Dinwiddie als der bislang namhafteste ehemalige NBA-Spieler in Deutschland gelten muss. Mit 34 Jahren war der Center aber nicht mehr taufrisch, sodass mit ihm angesichts der vielen Spiele in der nationalen Liga und in der Euroleague auch der (NBA-)Begriff „load management“ häufig fiel.

In der vergangenen Spielzeit profitierten die Bayern von der Kaltschnäuzigkeit eines Shabazz Napier (354 NBA-Auftritte), der mit seinen Crunchtime-Qualitäten zum Finals MVP der BBL gewählt wurde. Der nachverpflichtete Australier Jack White stand zuvor in 21 NBA-Partien auf dem Parkett. Neben Dinwiddie stehen in dieser Saison in Xavier Rathan-Mayes und Wenyen Gabriel noch zwei weitere NBA-Akteure im Münchner Kader. Damit verfügt der Meister fast über die gleiche Zahl wie der Rest der Liga mit Kyrie Thomas (MBC), Joe Wieskamp (Jena), Elijah Hughes (Ludwigsburg) und Chris Cleamons (Oldenburg).
Kochs Nachschlag
„Im Dutzend“ hieß die letzte Zwischenüberschrift. Wer mitgezählt hat, ist aber nur auf elf Spieler bei den Bayern gekommen. Elias Harris macht das Dutzend voll! Er bestritt nach seinen College-Jahren bei Gonzaga zunächst zwei NBA-Spiele für die Los Angeles Lakers, bevor er 2013 für Brose Bamberg in der Bundesliga debütierte. Ein ungewöhnlicher Weg für einen deutschen Spieler, den vor ihm bereits Christian Welp und Uwe Blab gegangen waren. Der leider schon verstorbene EM-Held Welp stieg 1983 mit den BC Giants Osnabrück in die deutsche Beletage auf, wechselte aber dann zur University of Washington. Nach seiner NBA-Zeit kam er 1991 nach Leverkusen. Blab, der insgesamt 242 NBA-Spiele absolvierte, spielte am Ende seiner Karriere noch für Berlin.

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital, DAZN und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Im Podcast "Talkin‘ Basketball", der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist, sprechen er und Oliver Dütschke regelmäßig mit Protagonisten aus der deutschen Basketballszene. Seine Kolumne zum BBL-Geschehen findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag".



















