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Home/Newscenter/Der außergewöhnliche Aufsteiger Rostock: Tabellenführer mit ungewöhnlichem Trainergespann

Kochs NachschlagDer außergewöhnliche Aufsteiger Rostock: Tabellenführer mit ungewöhnlichem Trainergespann

28. Oktober 2022
Am Sonntag gibt es das Spitzenspiel zwischen dem ungeschlagenen Ersten und dem ungeschlagenen Zweiten. So weit so früh in der Saison nicht ungewöhnlich. Und auch, dass das eine Team davon der amtierende Double-Sieger Berlin ist, überrascht kaum. Aber, dass der andere Klub ein Aufsteiger ist, ist schon außergewöhnlich. Warum läuft es so gut bei den ROSTOCK SEAWOLVES?

Am Sonntag gibt es das Spitzenspiel zwischen dem ungeschlagenen Ersten und dem ungeschlagenen Zweiten. Zwei ungeschlagene Teams? So früh in der Saison nicht ungewöhnlich. Und auch, dass das eine Team davon der amtierende Double-Sieger Berlin ist, überrascht kaum. Aber, dass der andere Klub ein Aufsteiger ist, ist schon außergewöhnlich. Warum läuft es so gut bei den ROSTOCK SEAWOLVES?

Diese Woche erreichte mich eine E-Mail von BBL-Redaktionsleiter Sven Simon: „Hallo Stefan, Rostock kann deinen Rekord brechen – dein Thema für die Kolumne dieser Woche?“ Ich dachte, wovon schreibt er, welcher Rekord? Dann klickte ich auf den Link zum Artikel, in dem zu lesen war, dass die SKYLINERS in der Saison 1999/2000 als Aufsteiger mit vier Siegen gestartet waren und dass die ROSTOCK SEAWOLVES diesen Rekord mit dem Erfolg in Göttingen eingestellt hätten. Diese Aussage ist Anlass für Klartext vorab: Der Startrekord eines erstmaligen Aufsteigers gehört schon jetzt alleine den Rostockern. Ich war damals Headcoach in Frankfurt, aber wir waren kein echter (sportlicher) Aufsteiger, denn letztendlich wurde die BBL-Lizenz aus Rhöndorf an den Main transferiert. Unser Highlight in dieser Debütsaison war nicht der gute Start, sondern der Pokalsieg im Finale gegen ALBA BERLIN. Das ist für die Hansestädter leider nicht möglich, denn der aktuelle Modus sieht die Teilnahme eines Neulings nicht vor.

Die Comeback-Könige

Berlin ist aber ein gutes Stichwort im Hinblick auf diesen Sonntag. Denn da empfangen die Rostocker den Deutschen Meister zum Abschluss des fünften Spieltages. Es ist das Duell des Tabellenführers mit seinem direkten Verfolger. Beide Teams ungeschlagen. Man muss wahrscheinlich lange zurückschauen, um ein Aufeinandertreffen zwischen einem Aufsteiger und dem Meister zu finden, dass mit solcher Spannung erwartet wurde. Und egal wie hoch die Albatrosse führen sollten, sie dürfen sich zu keinem Zeitpunkt sicher sein, denn die Rostocker sind absolute Comeback-Könige. Dieses Muster zieht sich durch ihre bisherigen vier Spiele. 

Gegen Ulm lagen sie 3:38 Minuten vor dem Ende mit elf Zählern zurück und gewannen noch mit fünf (Video oben), in Ludwigsburg verwandelte der Aufsteiger einen Zwölf-Punkte-Halbzeitrückstand in einen 102:95-Sieg. Gegen Braunschweig lag man zu Beginn des zweiten Viertels mit elf Punkten zurück und zuletzt in Göttingen sieben Minuten vor dem Ende mit neun Zählern. Natürlich wurden auch diese Begegnungen noch gedreht, die Partie gegen die Löwen sogar in Double-Overtime (Video unten).

Head Coach Christian Held hat große Teile der Aufstiegsmannschaft (acht Spieler) zusammengehalten, weil er das Selbstbewusstsein dieser Saison mitnehmen wollte. Das ist ganz offensichtlich gelungen, denn der Glaube an die eigene Stärke zeichnet die Mannschaft bislang aus. Dazu haben die Hanseaten die Qualität, in Runs schnell viele Punkte zu erzielen. Die Mannschaft funktioniert, sie verfügt aber auch über hervorragende Einzelkönner. Mit dem Aufstiegshelden Nijal Pearson (8,8 Rebounds) und den beiden Zugängen Derrick Alston Jr. (24,5 Punkte) und JeQuan Lewis (9,3 Assists) führen drei Rostocker ligaweit die wichtigsten Statistiken an.

Das ungewöhnliche Trainergespann

Nach zwei Jahren als Cheftrainer beim Zweitligisten Trier wechselte Christian Held 2020 als Co-Trainer von Dirk Bauermann an die Ostsee. Als er bereits nach einem Jahr zum neuen Head Coach ernannt wurde, kontaktierte er seinen Vater. „Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir Gedanken gemacht, ob ich in Rente gehe“, erinnert sich Ralph Held, der über 20 Jahre als Co-Trainer in der Bundesliga aktiv war und mit Trier und Oldenburg Titel gewonnen hatte. 

Sohn und Vater feiern die Meisterschaft in der ProA (Foto: Philipp Lange)

Ralph Held stellt unmissverständlich klar, dass er zwar gerne sein Wissen und seinen Erfahrungsschatz einbringt, dass aber die alleinige Richtlinienkompetenz bei seinem 34-jährigen Sohn liege. Die Aufgaben und Verantwortungsbereiche seien exakt so verteilt, wie es üblich ist. „Für mich läuft es hervorragend“, sagt Christian Held, der seinem Vater großen Respekt zollt, dass er die berufliche von der familiären Situation abgrenzen kann, so dass es im privaten Bereich zu keinerlei Belastungen kommt. 

Dabei sind die Helds nicht immer einer Meinung. Aber mit Christians Entscheidung ist das Thema dann abgeschlossen, auch wenn es vorher durchaus harte Auseinandersetzungen auf der Sachebene gab. „Wir haben uns schon immer argumentativ über Basketball ausgetauscht. Wenn sich jetzt im Umgang miteinander etwas ändern würde, wäre es für mich der Anlass, sofort aufzuhören, denn die Familie hat oberste Priorität“, stellt der Vater klar.

Kochs Nachschlag

Im zweiten Teil meiner Saisonvorschau schrieb ich, dass es dieses Konstrukt mit einem Sohn als Head Coach und dem Vater als Assistenten meines Wissens nach noch nie gegeben habe. Wertet es als Beleg meines überschaubaren Kenntnisstandes. Die Kollegen haben recherchiert und meinen Irrtum aufgedeckt. Tatsächlich gab es diese Konstellation schon einmal in der Saison 1988/89. Aufsteiger Braunschweig setzte auf Lothar Stein als Spielertrainer, der von seinem Vater Eckhard assistiert wurde. Darüber hinaus war Lothars Bruder Harald als Spieler ein Leistungsträger der Mannschaft. Allerdings konnte das Team „Stoned“ den sieglosen Abstieg der Niedersachsen nicht verhindern. Bei Christian und Ralph Held sieht das 34 Jahre später mit Rostock dagegen ganz anders aus …

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.