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Home/Newscenter/Die Erfolgsstory der EM-Vorrunde: Ruhiger Coach, gereifter Anführer und eine starke Bank

Kochs NachschlagDie Erfolgsstory der EM-Vorrunde: Ruhiger Coach, gereifter Anführer und eine starke Bank

09. September 2022
Hut ab vor dem, was die deutschen Basketballer bei der EM-Vorrunde in Köln abgeliefert haben! In der mit Abstand schwierigsten Gruppe nehmen die DBB-Korbjäger nach fünf Partien punktgleich mit dem Titelverteidiger Slowenien den zweiten Platz ein. Aber nicht nur die Resultate waren beeindruckend, sondern auch die Leistungen, auf deren Basis sie zustande kamen. Wir haben eine spielstarke deutsche Mannschaft gesehen, die intensiv verteidigt und im Angriff eine gute Mischung zwischen Teamplay und der Nutzung individueller Qualitäten gefunden hat.

Hut ab vor dem, was die deutschen Basketballer bei der EM-Vorrunde in Köln abgeliefert haben! In der mit Abstand schwierigsten Gruppe nehmen die DBB-Korbjäger nach fünf Partien punktgleich mit dem Titelverteidiger Slowenien den zweiten Platz ein. Aber nicht nur die Resultate waren beeindruckend, sondern auch die Leistungen, auf deren Basis sie zustande kamen. Wir haben eine spielstarke deutsche Mannschaft gesehen, die intensiv verteidigt und im Angriff eine gute Mischung zwischen Teamplay und der Nutzung individueller Qualitäten gefunden hat.

Hinzu kam eine fantastische Stimmung in der Halle. Ich gehe davon aus, dass dies bei der am Samstag beginnenden Finalrunde in Berlin nicht anders sein wird. Hier hat das deutsche Team eine realistische Chance, um die Medaillen mitzuspielen. Warum ist die Nationalmannschaft aktuell so stark?

Der Coach: Exzellenz trotz Widrigkeiten

Gordon Herbert macht einen exzellenten Job mit diesem Team. Die Vorbereitung auf dieses Turnier war von vielen Widrigkeiten, insbesondere von Verletzungen und Absagen wichtiger Akteure geprägt. Die Fans – und wahrscheinlich auch die Verantwortlichen beim Verband – hatten darauf gehofft, dass alle Topspieler dabei sein würden. Aber Isaac Bonga verletzte sich in der WM-Qualifikation, und aus der imposanten Big-Men-Riege fehlen mit Maxi Kleber, Isaiah Hartenstein und Moe Wagner drei NBA-Profis sowie der Euroleague-Champion Tibor Pleiß (Was hätte Wobo wohl vor einem halben Jahr gesagt, wenn man ihm die EM-Teilnahme prophezeit hätte?).

Aber Herbert hat nie gehadert, sondern immer ruhig nach vorne geschaut. Trotz allen Widrigkeiten hat er eine positive Atmosphäre und klare Identität geschaffen. Leider werden wir nie erfahren, wie er das gemacht hat. Denn Gordie ist ein Meister darin, in Interviews nichts preiszugeben. Im immer gleichen, monotonen Tonfall reiht er gelassen unverbindliche Aussagen aneinander. Ich weiß, dass dies vielen Journalisten aufstößt, aber entscheidend sind seine Leistungen als Coach dieser Mannschaft – und die sind außerordentlich gut!

Die Teamchemie und der Anführer

Dennis Schröder hat eine Entwicklung genommen, die deutlich spür- und sichtbar ist. Er übernimmt persönliche Verantwortung für den Erfolg der Mannschaft. Er setzt in Phasen den defensiven Ton, indem er Druck am Ball ausübt. Der 28-Jährige lebt trotz seiner vertraglichen Unsicherheit komplett im hier und jetzt. Gegen Litauen sagte er vier Mal in Folge das gleiche Play für den in dieser Phase heißen (und im gesamten Turnier überragenden) Franz Wagner an. So etwas war noch bei der WM 2019 nur schwer denkbar gewesen. Ja, sein Dreier fällt nicht (6/29), aber das ist Kritik auf hohem Niveau. Aber es gibt ohnehin nur eine Option. Der Kapitän darf nicht darüber nachdenken, seine Versuche von jenseits 6,75-Meter einzustellen. Er ist ein besserer Werfer als es die knapp 21 Prozent belegen, die er bislang von Downtown getroffen hat.

Wenn der Anführer seine Rolle ausfüllt und akzeptiert wird, ist ein großer Schritt gemacht. Rollenbewusstsein und Rollenakzeptanz müssen wir in diesem Team nicht hinterfragen. Sie sind vorhanden – und zwar sowohl hinsichtlich der Arbeits- als auch der Sozialchemie. Man muss sich nur anschauen, wie intensiv die Interaktion aller zwölf Spieler während einer Partie ist.

Die Bank: 53,3 Prozent aller Punkte

Wer nach den ersten vier Begegnungen gedacht hatte, dass das deutsche Team über eine auf hohem Niveau funktionierende Zehn-Mann-Rotation verfügt, sah sich zum Vorrundenabschluss gegen Ungarn eines Besseren belehrt. Auch wenn die Magyaren der mit Abstand schwächste Kontrahent in dieser Gruppe waren, so belegte dieses Spiel doch, dass diese Mannschaft ohne großen Qualitätsverlust alle Akteure einsetzen kann. Justus Hollatz (Elf Assists) und Christian Sengfelder (Topscorer mit 22 Punkten) zeigten bei ihrem Turnierdebüt starke Leistungen.

247 der 463 Vorrundenpunkte haben die Bankspieler markiert, das sind 53,3 Prozent! Andi Obst (10,4) legt zweistellig auf. Dazu kommen Maodo Lo (14,4), Niels Giffey (9,2) und Johannes Thiemann (8,2). Zusammen mit Franz Wagner (unten seine Highlights aus dem Litauenspiel) formen sie ein „Berliner Quartett“, das sich ganz besonders auf die Finalrunde in der Hauptstadt freuen dürfte.

Kochs Nachschlag

Und damit sind wir beim Achtelfinale! Ich habe mir Montenegro in der Partie gegen Gruppensieger Spanien anschauen können und muss sagen, dass ich sehr überrascht wäre, wenn die Montenegriner die deutsche Mannschaft schlagen würden. Das Spiel ruht auf drei Säulen, dem eingebürgerten Spielmacher Kendrick Perry, Ex-BBL-Spieler Vlado Mihailovic (Tübingen, Würzburg, Oldenburg) und Big Man Bojan Dubljevic (Valencia). Dahinter lässt die Qualität schon deutlich nach. Gehen wir von einem deutschen Sieg aus, ginge es im Viertelfinale sehr wahrscheinlich gegen Griechenland, das den zweimaligen NBA-MVP Giannis Antetokounmpo in seinen Reihen hat. Ach ja, der Überathlet bringt auch noch zwei seiner Brüder mit. Es sieht so aus, als wenn noch tolle Spiele vor uns liegen …

Zur Person:

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.