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Home/Newscenter/Nachverpflichtungen während der Saison – Welche Tücken sind zu beachten?

Kochs NachschlagNachverpflichtungen während der Saison – Welche Tücken sind zu beachten?

06. Januar 2023
Verletzungen gehören zum Sport und bei längerfristigen Ausfällen kann nachverpflichtet werden. Welche Klubs haben dies getan und was ist dabei eigentlich grundsätzlich zu beachten?

Verletzungen gehören zum Sport und bei längerfristigen Ausfällen kann nachverpflichtet werden. Welche Klubs haben dies getan und was ist dabei eigentlich grundsätzlich zu beachten?

Wie sehr eine einzige Verletzung die Saison einer Mannschaft ruinieren kann, habe ich am eigenen Leib erfahren müssen. Nachdem wir in der Saison 2004/05 mit den Gießen 46ers ins Halbfinale eingezogen waren, gingen wir voller Optimismus in die nächste Spielzeit, denn wir hatten sowohl unsere beiden großen Talente Anton Gavel und Heiko Schaffartzik als auch unser herausragendes Amerikaner-Duo mit Lou Campbell Chuck Eidson wieder an Bord. Aber in einem Vorbereitungsspiel in Ludwigsburg kam es zum GAU. Chuck, unser bester Spieler und amtierender Liga-MVP, riss sich das Kreuzband. Obwohl die Saison noch nicht begonnen hatte, war es ein unmögliches Unterfangen, ihn adäquat zu ersetzen. Uns fehlten die finanziellen Mittel, um einen Spieler auf seinem Niveau und mit seinem außergewöhnlich breiten Werkzeugkasten zu verpflichten. Als er endlich zurückkehrte, waren wir im Playoff-Rennen bereits abgeschlagen.

Wie dieses Beispiel belegt, kann eine Verletzung vor der Saison schon gravierende Folgen haben. Aber während der laufenden Spielzeit ist es im Verletzungsfall noch schwieriger, einen richtigen Ersatz zu finden. Als sich TJ Shorts Mitte März 2022 den Brustmuskel abriss, war die finale Konsequenz für seine HAKRO Merlins Crailsheim, dass sie die Playoffs verpassten. 

Der Belastungsumfang durch die Pflichtspiele ist mittlerweile einfach sehr hoch und zieht viele Verletzungen nach sich. Ich habe keine belastbaren Zahlen vorliegen, gewinne aber den Eindruck, dass die Teams, die durch einen internationalen Wettbewerb mit einer Doppelbelastung umgehen müssen, stärker betroffen sind. Bei den beiden deutschen Euroleague-Teams beispielsweise gibt es nur wenige Spieler, die für jede Pflichtspielpartie einsatzbereit gewesen wären. Maodo Lo, Luke Sikma, Jonas Mattisseck, Ben Lammers (alle Berlin) sowie Vlado Lucic, Andi Obst, Isaac Bonga und Augustine Rubit (alle München) sind dabei nur die bekanntesten Namen, die länger in zivil in der ersten Reihe hinter der Baseline Platz nehmen mussten.

Bei den restlichen Klubs sind Jeremy Morgan (Bonn), Prentiss Hubb (Ludwigsburg), David Krämer (Braunschweig), Sagaba Konate, Nicolas Bretzel (beide Ulm), Einaras Tubutis und Lorenz Brenneke (beide Frankfurt) nur einige der aktuell verletzten Leistungsträger, aber auch ohne Anspruch auf Vollständigkeit reicht diese Liste als Basis, um darüber zu schreiben, welche Punkte bei einer Nachverpflichtung zu beachten sind.

Die Position

Blicken wir zunächst auf die Situationen in Ulm und in Frankfurt. Dort hat es ausgerechnet die lange Garde erwischt. Neben dem Rekonvaleszenten Philipp Herkenhoff sind an der Donau derzeit auch die Center Konate und Bretzel nicht spielfähig und es hat gedauert, bis die Ulmer mit dem NBA-erfahrenen Big Man Bruno Caboclo einen Ersatz präsentieren konnten, denn qualitativ hochwertige Innenspieler während der Saison zu finden, ist noch deutlich schwerer als Guards. Das spüren auch die Skyliners, die für den verletzten Matt Harms zu Saisonbeginn Martinas Geben mit einem Zeitvertrag ausgestattet hatten. Nicht nur aufgrund der aktuellen Misere (Tubutis und Brenneke verletzt) hätten sie den Litauer gerne weiterverpflichtet. Aber angesichts der Tatsache, dass Gebens Vertrag eine Option enthielt und viele finanzkräftigere Vereine in Europa einen Center such(t)en, war sein Abgang nach Spanien absehbar.

Etwas entspannter gestaltet sich der Markt auf den Außenpositionen, wo die Ludwigsburger Will Cherry als Ersatz für Hubb an Land ziehen konnten und es zuvor schon (nicht verletzungsbedingte) gute Nachverpflichtungen wie zum Beispiel Charles Callison (Weißenfels), Wes Clark (Chemnitz), Brandon Paul (Ulm) oder unlängst Gerel Simmons (Bamberg) gab.

Die Nationalität

Das Reservoir an internationalen Spielern ist logischerweise deutlich größer als das an deutschen. Während der Saison einen DBB-Nationalspieler wie Niels Giffey verpflichten zu können, war selbst für einen finanzstarken Club wie München ein absoluter Glücksfall. In der Regel aber ist es komplett unmöglich, den Ausfall von Andi Obst oder David Krämer mit einem deutschen Akteur zu kompensieren. Die Löwen Braunschweig sind zumindest in einer nicht ausweglosen Situation, weil sie ihr Ausländerkontingent nicht ausgeschöpft haben und somit für ihren verletzten Nationalspieler auch einen „Legionär“ nachverpflichten könnten. 

Aber der Markt ist derzeit grundsätzlich schwierig und Spieler während der Saison aus der G-League nach Europa zu lotsen, wird immer kostspieliger. Angesichts einer Ablösesumme von 50.000 Dollar für Akteure aus der NBA-Entwicklungsliga ist das gerade für weniger gut betuchte Vereine eine Entscheidung, die sie sehr genau überdenken müssen. 

Kochs Nachschlag

Worauf muss man achten, wenn man nachverpflichtet? Zuallererst sollte man die Regularien kennen: Wie viele Nachverpflichtungen erlaubt die Liga, wann laufen Fristen ab? In der easyCredit BBL dürfen vier Spieler nachverpflichtet werden – und zwar bis Ende Februar. Sollten bis dahin Vereine ihr Kontingent nicht ausgeschöpft haben, dürfen sie bis Ende März noch maximal einen weiteren Akteur holen. 

Diese Eckdaten sollten mit der aktuellen Situation der Mannschaft in einen Gesamtkontext eingeordnet werden. Die großen Vereine haben in der Regel Sportdirektoren und Scouts, die den Markt ganzjährig beobachten, weshalb sie in doppelter Hinsicht schneller handlungsfähig sind. Sie haben nicht nur mehr Geld im Sparschwein, sondern verlieren im Gegensatz zu kleineren Clubs viel weniger Zeit mit der Sondierungsphase, da sie für jede Position Listen haben von Profis, die in das Anforderungsprofil passen würden.

Oft hört man von Vereinen, die auf der Suche sind, dass sie am liebsten einen Spieler verpflichten wollen, der in der laufenden Saison bereits gespielt hat. Das ist ratsam, denn bei Akteuren, für die dies nicht zutrifft oder die verletzt waren, ist Vorsicht geboten. In solchen Fällen ist ein Tryout eigentlich unumgänglich – was immer der Agent auch versprechen mag … „the player is in shape, you know, he is working out daily”!

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.