Die SKYLINERS sind nicht irgendein Aufsteiger. Der Klub aus Frankfurt hat drei Titel gewonnen (Deutscher Pokalsieger 2000, Deutscher Meister 2004 und Sieger des FIBA Europe Cups 2016), um die ihn die Mehrzahl der Bundesligisten beneidet. Seit der Übernahme der Rhöndorfer Lizenz vor 25 Jahren war das Team von Geschäftsführer Gunnar Wöbke, der seit dem Start am Main die Fäden zieht, bis 2023 immer erstklassig. Aber der zweite sportliche Abstieg hintereinander konnte nicht wie in der Spielzeit zuvor mit einer Wildcard abgewendet werden. Die Liga, die sich so gerne in den Metropolen etablieren möchte, verlor ausgerechnet ein Großstadtteam. Nach nur einem Jahr sind die SKYLINERS jetzt zurück und zerlegten zum Saisonstart die BG Göttingen in deren Halle mit 100:72.
Dadurch sind die Schützlinge von Denis Wucherer der erste Tabellenführer der Saison. Am Sonntag empfängt der Neuling die Bamberg Baskets zu einem prestigeträchtigen Heimauftakt. Die beiden Klubs standen sich drei Mal in den Finals um die Deutsche Meisterschaft gegenüber – und jede Serie war spannend bis in die letzten Sekunden des fünften Finalspiels.
Der Weg zurück
Ursprünglich war es das Ziel des Vereins gewesen, innerhalb von zwei Jahren in die easyCredit BBL zurückzukehren. Dafür wurde Denis Wucherer 2023 als neuer Cheftrainer am Main vorgestellt. Aber was zunächst nach relativ entspanntem mittelfristigem Arbeiten aussah, veränderte sich im Laufe der Saison in eine verschärfte Drucksituation. Als bekannt wurde, dass für die Folgesaison gedachte Sponsorengelder vorgezogen wurden, hieß es auf einmal „alles oder nichts“. Da die Mannschaft eigentlich nicht unter dieser Prämisse zusammengestellt worden war, folgte ein Ritt auf der Rasierklinge. Trotz grenzwertiger personeller Qualität gelang es dem neuen Head Coach, die SKYLINERS als Hauptrundenvierten durch einen Erfolg in der Halbfinalserie gegen den Favoriten Trier zurück in die Beletage zu führen. Das Team schaffte diesen Erfolg letztendlich mehr über Kampf und Verteidigung als über offensive Brillanz.
Die Schlüsselspieler
Entsprechend konnte Wucherer nur wenige Spieler aus der ProA mitnehmen und legte trotz eines überschaubaren Budgets das Augenmerk darauf, Spieler zu finden, die mit ihren individuellen Fähigkeiten den Unterschied machen können. Mit Trey Calvin und Malik Parsons konnten die Frankfurter zwei Akteure verpflichten, die diesem Anforderungsprofil entsprechen. Beim 71:68-Sieg im Pokalspiel in Trier (Video unten) zeichnete das Duo für mehr als die Hälfte der Punkte verantwortlich, und in Göttingen markierte Rookie Calvin sieben der ersten zehn Zähler, bevor dann Parsons (nur ein Jahr Erfahrung als Profi in Dänemark) in seiner Rolle als Scorer von der Bank 27 Zähler auflegte.
Aktuell fallen mit Kapitän Lorenz Brenneke (doppelte Lungenentzündung im Sommer) und Kamaka Hepa (Handbruch) zwei wichtige Big Men aus. Der nachverpflichtete Litauer Einaras Tubutis hinterlässt aber bislang einen so guten Eindruck, dass es schon erste Überlegungen gibt, sein bis Ende Oktober befristetes Arbeitspapier zu verlängern. Allerdings ist kein Spieler älter als 27 Jahre, weshalb die fehlende Erfahrung (vor allem auch auf BBL-Niveau) ein offensichtliches Manko darstellt.
Die Coaches
Aber die bringen am Rande der Bande ja der 123-fache Nationalspieler Wucherer und seine rechte Hand Klaus Perwas mit. Der 51-jährige Cheftrainer, der schon Gießen und Würzburg in der ersten Liga betreute, ist ein charismatischer Sympathieträger, der nie um einen guten Spruch verlegen ist. Sein Assistent, der zuletzt als Co-Trainer der Nationalmannschaft an den großen Erfolgen des DBB beteiligt war, hat den Ruf des nüchternen Analytikers, der sein Lachen ausschließlich trocken praktiziert. Gemeinsam basteln sie akribisch daran, diesem Team im Laufe der Saison eine Identität zu verpassen, die sich zunehmend am modernen europäischen Teambasketball orientiert, um die Abhängigkeit von Calvin und Parsons zu begrenzen. Um ihre explosiven Guards herum möchten sie eine Spielkultur entwickeln, in die sich auch die anderen Spieler einbringen können.
Kochs Nachschlag
Drei Titel haben die SKYLINERS in ihrer mittlerweile 25-jährigen Geschichte gewonnen. Den ersten fuhr der Klub direkt in seiner Premierensaison mit einem Finalsieg im Pokal gegen ALBA BERLIN ein – und dies, obwohl ich als Head Coach an der Seitenlinie stand. Die Meisterschaft und der Europapokaltitel gehen auf das Konto von keinem Geringeren als Weltmeistertrainer Gordon Herbert. Wie Du siehst, lieber Denis, trittst Du (zumindest im zweiten Fall) in große Fußstapfen! Aber mit dem Aufstieg unter schwierigen Voraussetzungen hast Du bereits eine eigene Erfolgsgeschichte geschrieben. Jetzt fehlt Dir also nur noch der Titel, und, schwupps, schon ist Dir der Legendenstatus in Frankfurt sicher.
Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.
Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Dyn, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere, Sportdigital, DAZN und MagentaSport tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag".