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Home/Newscenter/Klassischer Big Man, Undersized im Short Corner und der Point Center – Über die Vielfalt auf der Fünf in dieser Saison

Kochs NachschlagKlassischer Big Man, Undersized im Short Corner und der Point Center – Über die Vielfalt auf der Fünf in dieser Saison

28. Januar 2022
In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wollte fast jeder Spieler, der deutlich über zwei Meter war, auch den Ball dribbeln und den Dreier werfen. Toni Kukoc‘ Skill-Set war eine Art Blaupause für Basketballer, die aufgrund ihrer Länge eigentlich ans Brett gehört hätten, aber beweisen wollten, dass sie wie ein Guard oder Small Forward spielen können

In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wollte fast jeder Spieler, der deutlich über zwei Meter war, auch den Ball dribbeln und den Dreier werfen. Toni Kukoc‘ Skill-Set war eine Art Blaupause für Basketballer, die aufgrund ihrer Länge eigentlich ans Brett gehört hätten, aber beweisen wollten, dass sie wie ein Guard oder Small Forward spielen können. Anstelle eines Post-up-Repertoires ging es vor allem um die Entwicklung von Fähigkeiten mit dem Gesicht zum Korb. Die Line-ups wurden zeitweise deutlich größer, während wir jetzt mittlerweile eine Tendenz in die entgegensetzte Richtung sehen. Spieler, die man in dieser Zeit zu Small Forwards gemacht hätte, agieren heutzutage auf der Centerposition. Aber die Tendenz, dass sich das Post-up-Spiel zu einer vom Aussterben bedrohten Kunst entwickelt, scheint unaufhaltsam. In der aktuellen Ausgabe unseres Podcasts „Talkin‘ Basketball“ stimmte bei dem Thema selbst Danilo Barthel zu, seines Zeichens der derzeit beste deutsche Scorer mit dem Rücken zum Korb. 

Da es die Fünfer aktuell aber noch gibt, habe ich mal geschaut, welche Center(-Typen) mit welchen Kernkompetenzen denn in dieser Saison in der easyCredit BBL auftauchen und möchte euch gleichzeitig auf zwei unter diesem Aspekt interessante Partien des anstehenden 19. Spieltags aufmerksam machen.

Die verschiedenen Typen

Die klassische Version des Centers kommt mit Helm und Brotdose zur Arbeit. Sein Bett und seinen Fernseher hat dieser Typus Fünfer in der Zone aufgebaut. Er scort aus dem Post-up, als Abroller, nach Durchsteckern oder Offensiv-Rebounds. In diese Kategorie gehören Christiano Felicio, Maik Kotsar, Tai Odiase, Martynas Sajus, Andreas Seiferth, Christ Koumadje, Gavin Schilling, Michael Kessens, Leon Kratzer, Jonas Wohlfarth-Bottermann, Matt Harms, Owen Klassen, Filip Stanic und Philipp Hartwich. 

Dann haben wir Spieler, denen nach traditionellen Maßstäben ein paar Zentimeter für diese Position fehlen. Extremstes Beispiel hierfür ist Tremmell Darden. Das 40-jährige biologische Phänomen spielt in den ganz kleinen Aufstellungen von John Patrick in Ludwigsburg mit 1,94 Meter auch viel auf der Fünf und war zuletzt gegen Berlin Topscorer und netzte am Ende den Gamewinner (Video unten). Im Euroleague-Finale 2014 startete Darden für Real Madrid noch als Shooting Guard. So ändern sich die Zeiten! Aber auch Jamel McLean (FRAPORT SKYLINERS) und Augustine Rubit (FC Bayern München) fallen mit nur knapp über zwei Meter Körpergröße ebenfalls in die Schublade „undersized“. Beide lieben es, vom Short Corner aus, also aus der Halbdistanz an der Baseline, mit dem Gesicht zum Korb zu attackieren. Der Heidelberger Brekkott Chapman agiert sogar von jenseits der 6,75-Meter-Linie aus dem Dribbling und bezeichnet sich selbst als einen Small Forward, der jetzt die Rolle eines Stretch-Fünfers übernimmt. Der Chemnitzer Darion Atkins ist mit 2,03 Meter gelistet und kann aufgrund seiner Beweglichkeit genauso wie sein Mannschaftskamerad und Positionskollege Jonas Richter in der Defense exzellent auf kleinere Leute switchen. Eine Fähigkeit, die im modernen Basketball immer bedeutender wird.

Schließlich komme ich noch zu den „Point Centern“. Könige in dieser Kategorie wären natürlich Mister Triple Double Rasid Mahalbasic (der seit dieser Saison seine Assists aber nicht mehr für Oldenburg, sondern nach Monaco nun für den spanischen Klub CB Breogan gibt) und Luke Sikma, der teilweise für Berlin auf der Fünf agiert, aber im Prinzip eben doch ein Power Forward ist. Mit Goran Huskic und John Bryant aber hat der MBC gleich zwei passstarke Center im Kader, die ihr Spiel auch nach außen verlagern können. Gleiches gilt auch für die Bamberger Nachverpflichtung Akil Mitchell und „Boggy“ Radosavljevic, der in Crailsheim mittlerweile mehr Dreier als Zweier wirft. Auch der erst kürzlich von Ludwigsburg unter Vertrag genommene Ethan Happ bringt gute Voraussetzungen für einen „Point Center“ mit.

Die interessantesten Duelle am Wochenende

In der Partie Ludwigsburg gegen den MBC (ja, ich gebe zu, dass ich hier von der Aktualität überrollt wurde, aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben) bekommen es die beiden Weißenfelser Point Center Goran Huskic und John Bryant mit der kompletten Ludwigsburger Bandbreite zu tun. Da warten sowohl der ähnlich veranlagte Ethan Happ und der der klassische Big Man Jonas Wohlfarth-Bottermann als vielleicht auch für überschaubare Minuten der „Mini-Center“ Tremmell Darden. Für die beiden MBC-Hünen wird es extrem wichtig sein, gegen das schnelle Ludwigsburger Team in der Transition fix zurückzukommen. 

Und aus deutscher Sicht ist die Begegnung Würzburg gegen Berlin besonders interessant. Filip Stanic (2,06 Meter, 115 Kilo) und Oscar da Silva (2,06 Meter, 104 Kilo) sind beide 1998 geboren, gehören also zu einem außergewöhnlich starken DBB-Jahrgang und feierten auch ihren größten Erfolg gemeinsam, als die beiden Big Men 2016 mit der U18-Auswahl das Albert Schweitzer Turnier gewannen. Stanic stand zwei Jahre später bei der U20-EM in Chemnitz erneut auf dem Treppchen – und das auch dank seiner 22 Punkte als Topscorer im Bronzespiel gegen Frankreich. Während da Silva in den USA die renommierte Stanford University besuchte, ging Stanic den Weg über den serbischen Ausbildungsklub KK Mega Basket. Nun stehen sie sich mal wieder gegenüber. Stanic ist eine echte Kante, spielt entsprechend physisch. Und da Silva hat sich als einer der besten Abroller in Europa in den Vordergrund gespielt. Mit seinen weichen Händen veredelt er auch nicht perfekt getimte Anspiele am Ring.

Kochs Nachschlag

Heute blicke ich zum Abschluss über den großen Teich: Bis 1983 gingen in der NBA 23 von 28 MVP-Auszeichnungen an Center-Spieler. Bill Russell, Wilt Chamberlain und Kareem Abdul-Jabbar dominierten die Liga in den 1960er und 1970er Jahren. Nach 1983 allerdings gingen nur noch vier Awards an einen Fünfer. Nikola Jokic war in der vergangenen Spielzeit der erste Center seit mehr als 20 Jahren, dem diese Ehre zu Teil wurde. Die Euroleague vergibt den MVP seit 2005. Mit Jan Vesely hat ihn nur ein einziger Big Man gewonnen. Keine Frage: Das Spiel hat sich verändert, und die Center sind am stärksten davon betroffen.

Zur Person

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.