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Home/Newscenter/Basketball spielen und Basketball arbeiten: Warum Berlin die ersten beiden Spiele gegen Bayern dominierte

Kochs NachschlagBasketball spielen und Basketball arbeiten: Warum Berlin die ersten beiden Spiele gegen Bayern dominierte

16. Juni 2022

Vielleicht erinnert ihr euch: Vor dem fünften Spiel des Halbfinales zwischen Bonn und München schrieb ich einen mit Videosequenzen garnierten Nachschlag, in dem es um taktische Aspekte dieser Serie ging. Ehrlich gesagt war das auch der Plan für meinen Beitrag zwischen dem zweiten und dritten Spiel des Finalduells. Angesichts der bisherigen Berliner Überlegenheit wäre es aus meiner Sicht aber verfehlt, jetzt den Fokus auf taktische Kniffe oder Feinheiten zu legen. Vielmehr möchte ich grundsätzliche Unterschiede in den Vordergrund rücken, die verantwortlich dafür sind, dass der Titelverteidiger aktuell auf einem höheren Niveau als die Bayern agiert. Dabei gilt es natürlich auch immer zu berücksichtigen, dass die Münchner mit erheblichen Verletzungsproblemen zu kämpfen haben. Neben Corey Walden und Darrun Hilliard hat es auch noch Vlado Lucic erwischt. Dazu ist Paul Zipser leider noch nicht weit genug, um in den Playoffs ein Faktor zu sein.

Frische gegen schwere Beine und Leichtigkeit gegen Müdigkeit

Der 18:3-Lauf, den die Albatrosse am Ende des ersten Spiels hinlegten, wurde zunächst einmal nur als momentaner, nicht aber als grundsätzlicher Beleg für diese Aussage gewertet. Nur zwei Tage nach dem Ende der Halbfinalserie mussten die Münchner schon wieder in Berlin ran – so wurde der Einbruch in der Schlussphase (zurecht) als logische Konsequenz des eng getakteten Münchner Playoff-Programms eingestuft. Damit war die Erwartung verbunden, dass die Bayern nach der deutlich größeren Pause nach dem ersten Spiel im zweiten deutlich frischer auftreten würden. Aber das war nicht der Fall. Wie schon in der Hauptstadt dominierten die Gonzalez-Schützlinge auch auswärts die Bretter, wenn auch nicht mehr ganz so deutlich wie im ersten Aufeinandertreffen. Die Berliner sind bislang handlungsschneller und gedankenschneller. Sie haben keine Euroleague-Playoffs in den Knochen und haben die (Minuten-)Last über die gesamte Saison hinweg auf alle Schultern verteilt. Diesem Ansatz bleiben sie auch jetzt in den Playoffs treu, was sich auszahlt. 

Ein wichtiger Indikator für die Frische einer Mannschaft ist ihr Verhalten in Transition. Nun sind die Bayern bekanntermaßen ein Team, das es eher langsam angehen möchte, aber im defensiven Umschaltspiel müssen sie gegen Sikma, Lo und Co. präsent sein. Ich habe drei Szenen für euch, in denen immer ein Berliner einem Münchener davonläuft. Schaut euch an, wo die Spieler starten, als der Ballbesitz wechselt und wie das Resultat aussieht. Die erste Sequenz stammt aus dem Auftaktspiel, wir sehen wie Louis Olinde (24 Jahre) gleichauf mit seinem direkten Gegenspieler Nihad Djedovic (32) startet, ihm aber ab der Mittelinie enteilt. In den beiden anderen Sequenzen aus dem zweiten Spiel sprintet Oscar da Silva (23) erst Othello Hunter (36) und dann Leon Radosevic (32) davon:

Spiel gegen Arbeit 

Bei den Bayern ist durch das Fehlen von Walden und Hilliard das kreative Element stark limitiert. Deshalb wirkt es aktuell so, als ob das Spiel des Euroleague-Viertelfinalisten unter hohen Temperaturen in einem Stahlwerk funktionell zusammengeschweißt wurde. Im krassen Gegensatz dazu vermitteln die Berliner den Eindruck, als sei ihre Interpretation des Basketballspiels von Wolfgang Amadeus Mozart an einem lauen Frühlingstag komponiert worden. Es ist derzeit Münchener Arbeit gegen Berliner Spiel, dessen Schönheit im wundervoll choreographierten ersten Angriff der zweiten Halbzeit in München deutlich wird - Luke Sikma leitet nach einem Side-Pick-and-Roll mit Maodo Lo den Ball schnell zu Ben Lammers weiter und Bums:

Bei den Bayern ist das Post-up klar die erste Option in den Playoffs. Auch gegen Berlin versuchen sie immer wieder, Spieler mit dem Rücken zum Korb zu etablieren. Dass auch Zan Sisko aufpostet und Deshaun Thomas nach dem Ausfall von Lucic als Small Forward im zweiten Spiel startete, unterstreicht diesen Ansatz, dem die Berliner eine facettenreichere Offense entgegenstellen (können), die auch mehr leichte Punkte im Fast Break kreiert.

Hoffnungsschimmer werden im Keim erstickt

Lange Zeit galten die Bayern als reifere Mannschaft mit mehr Killerinstinkt, aber das Selbstbewusstsein und das Selbstverständnis der Albatrosse ist gewachsen. Auch wenn das erste Spiel über weite Strecken knapp war, hatte ich den Eindruck, dass die Berliner fest daran glaubten, dass am Ende ihre größere Tiefe zum Erfolg führen würde. Im zweiten Spiel in München wurden alle Hoffnungsschimmer der Bayern (und dadurch auch jede aufbrandende Stimmung im ausverkauften Audi Dome) innerhalb von Sekunden durch souveräne Antworten im Keim erstickt. Ich habe dazu zwei Beispiele für euch: Im ersten entgegnet Lo dem Dreier von Ognjen Jaramaz seinerseits mit einem trockenen Distanzwurf, und im zweiten legt Tamir Blatt nach einem Hunter-Dreier nach. So antwortet ein Meister.

Kochs Nachschlag

Nein, die Meisterschaft ist noch nicht entschieden. Wir warten noch darauf, dass eine schwergewichtige Dame ihr Lied anstimmt. Aber angesichts des Verlaufs der ersten beiden Spiele und der aktuellen Verfassung beider Mannschaften ist es sehr unwahrscheinlich, dass die körperlich und mental ausgezehrten Bayern ohne die fehlenden Schlüsselspieler durch drei Siege (davon zwei in Berlin) in Folge diese Serie noch drehen können.

Zur Person:

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei MagentaSport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ findet sich bei uns regelmäßig hier im News-Center rechts unter der Rubrik "Kochs Nachschlag". Außerdem produziert er gemeinsam mit Oliver Dütschke im Zweiwochentakt den Podcast „Talkin‘ Basketball“, der auf allen gängigen Plattformen abrufbar ist.