ratiopharm ulm logo
Telekom Baskets Bonn logo
FC Bayern München Basketball logo
MHP RIESEN Ludwigsburg logo
ALBA BERLIN logo
EWE Baskets Oldenburg logo
BG Göttingen logo
NINERS Chemnitz logo
ROSTOCK SEAWOLVES logo
Bamberg Baskets logo
Würzburg Baskets logo
MLP Academics Heidelberg logo
HAKRO Merlins Crailsheim logo
Basketball Löwen Braunschweig logo
Veolia Towers Hamburg logo
SYNTAINICS MBC logo
RASTA Vechta logo
Tigers Tübingen logo
Home/Newscenter/John Bryant ins DBB-Team? Was für und was gegen eine Nominierung des zweimaligen MVP spricht

Kochs NachschlagJohn Bryant ins DBB-Team? Was für und was gegen eine Nominierung des zweimaligen MVP spricht

31. Dezember 2018
Sollte Bundestrainer Henrik Rödl darüber nachdenken, den eingebürgerten John Bryant für die deutsche Nationalmannschaft zu nominieren? Viele der Argumente dagegen teile ich nicht wirklich, meine Meinung aber ist trotzdem klar:

– Stefan Koch

Sollte Bundestrainer Henrik Rödl darüber nachdenken, den eingebürgerten John Bryant für die deutsche Nationalmannschaft zu nominieren? Viele der Argumente dagegen teile ich nicht wirklich, meine Meinung aber ist trotzdem klar:

John Bryant ist der mit Abstand effektivste Akteur der Liga und ein legitimer Kandidat für den Titel des wertvollsten Spielers. Sollte es so kommen, wäre es der dritte MVP-Award für Big John, der seit der vergangenen Woche auch einen deutschen Pass in seinen Händen hält. Eine Tatsache, die den mittlerweile 31-Jährigen zu einem Kandidaten für die Nationalmannschaft macht. Bryant selbst hat sein grundsätzliches Interesse bekundet, aber auch gleichzeitig in weiser und dezenter Zurückhaltung auf das große Angebot an langen Spielern verwiesen.

In unserer Basketball-Gemeinde ist die Diskussion über einen Einsatz des Gießeners in der DBB-Auswahl aber längst entbrannt, zumal im Sommer mit der WM in China ein echter Höhepunkt auf dem Programm steht. Auch die Medien haben das Thema bereitwillig aufgegriffen - alleine die Tatsache, dass Big John im DBB-Team spielen dürfte, war Grund genug für diese Meldung. Bislang wurden vor allem Argumente gegen einen Einsatz Bryants vorgebracht. Einige davon möchte ich hier unter die Lupe nehmen.

Bryants Spielweise passt nicht?

Bryant passe nicht zur Spielweise der deutschen Nationalmannschaft, bringen die Skeptiker vor, ohne dies detailliert zu belegen. Selbst wenn sie Recht hätten, wäre dies aber meiner Meinung kein wirklich stichhaltiges Argument. Hieß es nicht auch, dass der Koloss in Ingo Freyers Hochgeschwindigkeitsbasketball verloren sei? Der Center hat bewiesen, dass er sich anpassen kann, womit nachvollziehbar sein dürfte, dass für ihn im System der Nationalmannschaft nur kleinere Veränderungen nötig wären.

Stimmung nicht gefährden?

Beim aktuellen Nationalteam sei die Stimmung super; das sagen Außenstehende genauso wie Insider. Und genau diese Atmosphäre könne durch neue Elemente von außen gefährdet werden, befürchten Diejenigen, die glauben, dass die Stimmung in erster Linie so gut sei, weil sich alle schon lange kennen – Dennis Schröder, Daniel Theis, Johannes Voigtmann und Maxi Kleber haben beispielsweise bereits in der Junioren-Nationalmannschaft zusammengespielt (die ersten beiden sogar noch früher wie das Video rechts zeigt). Das verbinde und bringe eine Chemie, mit der eine Mannschaft ganz Besonderes erreichen könne.

Zugegeben, wie weit ein Team durch solch langjährige Verbundenheit kommen kann, verdeutlicht diese großartige Doku über die goldene Generation der Argentinier, aber: John Bryant ist einfach ein viel zu feiner  Kerl, um in diesem Bereich Probleme zu bereiten. Zudem gilt, dass die Nationalmannschaft kein geschlossener Kreis ist und sich auch nie als ein solcher verstanden hat. Deshalb: Auch diesem Argument fehlt die Durchschlagskraft.

Eingebürgerte Spieler gehören nicht ins DBB-Trikot?

Es gibt Diskutanten, die behaupten, dass es generell falsch sei, Profis, die eingebürgert wurden, in die Nationalmannschaft zu berufen. Ich mahne unter Vermeidung des moralischen Zeigefingers in solchen Fragen nicht nur aktuell, sondern grundsätzlich zu vorsichtigen und überdachten Aussagen.

Nach dem EM-Triumph der Slowenen habe ich oft gehört, dass es „unmöglich“ gewesen sei, Anthony Randolph von Real Madrid mit einem Pass auszustatten. Ja, Anthony Randolph hatte zuvor keinerlei Verbindung zu Slowenien, aber Vorsicht im Glashaus, denn diese Verbindung hatten die beiden für den Einsatz in der deutschen Nationalmannschaft eingebürgerten NBA-Profis auch nur bedingt – es war jeweils eher eine Einbürgerung aus besonderem öffentlichen Interesse, wie es für den Sport möglich ist und hier unten erklärt wird.

Shawn Bradley, geboren im pfälzischen Landstuhl bei Kaiserslautern (Fun fact: Anthony Randolph erblickte in Würzburg das Licht der Welt), war Teamkollege von Dirk Nowitzki bei den Dallas Mavericks und absolvierte neun Länderspiele rund um die Europameisterschaften 2001, bei der Deutschland den vierten Platz belegte. Für den 2,29 Meter großen Center musste Vladimir Bogojevic aussetzen, der bis dahin Pointguard des DBB-Teams gewesen war und seit längerem den Kaderplatz des einzigen erlaubten „naturalisierten Spielers“ inne gehabt hatte. Der kurzfristige Tausch wurde damals auch kritisch gesehen.

Chris Kaman (Video rechts) bekam aufgrund seiner deutschen Urgroßeltern väterlicherseits einen deutschen Pass, lief bei den Olympischen Spielen 2008 (und bei der Quali zuvor) und der EM 2011 in 25 DBB-Länderspielen auf. Zusammen mit Dirk Nowitzki bildete er das doppelköpfige Zonenmonster, was gut funktionierte und wodurch sich Nowitzki ebenso wie Kaman den Traum von den Olympischen Spielen erfüllen konnte. Nach 2011 trat Kaman nicht mehr als Nationalspieler in Erscheinung.

Meine Meinung: Wenn diese beiden Spieler sowie Randolph oder beispielsweise Bo McCalebb (für Mazedonien) oder Michael Dixon (für Georgien) für europäische Nationalteams auflaufen, dann darf es für John Bryant in diesem Punkt keine Diskussionen geben: John lebt mit kurzen Unterbrechungen seit dem Sommer 2010 in Deutschland, lernte bei den Bayern seine aus München stammende Ehefrau kennen, hat mit ihr einen Sohn, der in Deutschland geboren wurde und sieht hier den Lebensmittelpunkt seiner Familie.

Zu gut besetzt auf den großen Positionen?

Die Nationalmannschaft sei auf den großen Positionen langfristig so gut besetzt, dass da keinen Platz für den 31-jährigen Bryant gäbe, heißt es auch. Und nur dieses Argument zählt für mich. Schauen wir auf die Liste:

Daniel Theis (26 Jahre - Video rechts)

Maxi Kleber (26 - Video)

Danilo Barthel (27 - Video)

Joe Voigtmann (26 - Video)

Maik Zirbes (28 - Video)

Johannes Thiemann (24 - Video)

Tibor Pleiß (29 - Video)

Andreas Seiferth (29 - Video)

Isaiah Hartenstein (20 - Video)

Moritz Wagner (21 - Video).

Von diesen zehn Spielern können fünf mit zur WM kommen, vielleicht sogar nur vier, da es mit Niels Giffey und Robin Benzing noch zwei Small Forwards gibt, die auch auf der Vier eingesetzt werden können.

Theis und Kleber sollten gesetzt sein, Voigtmann und Barthel sind höchstwahrscheinlich ebenfalls dabei. Und wenn es um die hinteren Plätze in der Rotation geht, würde ich perspektivisch lieber einen der jungen Spieler wie Hartenstein oder Wagner mitnehmen.

Kochs Nachschlag

Auf den großen Positionen herrscht ein Überangebot an guten und jungen Spielern. Deshalb ist es nicht sinnvoll, ein halbes Jahr vor der WM John Bryant mit in den Kader zu nehmen. Die Position des Shooting Guards hingegen ist der derzeit schwächste Spot in der DBB-Auswahl. Wenn überhaupt sollte also hierüber diskutiert werden: Gibt es für die Zwei nach dem klaren Nein von Nihad Djedovic einen eingebürgerten Akteur, der helfen könnte? Vielleicht Bryce Taylor (Video rechts), wenn es ihm gelingt, nach seiner Verletzung an die Form früherer Tage anzuknüpfen …

Zur Person:

Stefan Koch war zwei Jahrzehnte lang Headcoach in der ersten Liga und wurde 2000 und 2005 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Er erreichte mit seinen Teams regelmäßig die Playoffs und trat sieben Mal im Europapokal an. Sechs Mal nahm er am TOP FOUR teil und gewann 2000 mit Frankfurt den Pokal. Zudem war der Hesse drei Mal Headcoach des All-Star-Games.

Koch arbeitet aktuell als Kommentator bei Telekom Sport, war früher auch als Experte und Kommentator für SPORT1, Premiere und Sportdigital tätig, sowie als Scout für die NBA. Seine Kolumne „Kochs Nachschlag“ erscheint regelmäßig auf der Homepage der easyCredit BBL.