Stand: Telekom Baskets Bonn (1) – ratiopharm ulm (7) 1-2
Die besondere Brisanz: Gewinnt ratiopharm ulm am Freitag das vierte Finalspiel, feiert die Mannschaft von Headcoach Anton Gavel nicht nur ihre erste Deutsche Meisterschaft der Vereinsgeschichte, die Ulmer wären der erste Hauptrundensiebte der Liga-Historie, der den Titel holt. Mit Leverkusen 1985, Berlin 2002 und Bamberg 2010 haben ansonsten dreimal die Hauptrundenfünften die Meisterschaft gewonnen (hier die größten Sensationen der Ligageschichte). Zudem wären die Ulmer das erste Team der 56-jährigen Ligageschichte, das auf dem Weg zum Titel in den Playoffs den Ersten, Zweiten und Dritten der Hauptrunde ausgeschaltet hätte. Ganz ehrlich: verdienter ginge nicht ... Für Bonn wäre es bei einer Niederlage der sechste Vizemeistertitel.
Was wir bisher gelernt haben: Dass ratiopharm ulm das in dieser Saison dominanteste Team … dominieren kann. Mit dem 112:84-Sieg im dritten Finalspiel fügte das Team von Headcoach Anton Gavel den Bonnern deren mit Abstand höchste Saisonniederlage zu. Bemerkenswert: Die Bonner hatten davor sechs Pflichtspiele verloren – mit zusammengerechnet nur 23 Zählern Differenz!
Der Blick zurück: Mit 112 Punkten stellten die Ulmer einen Finals-Rekord seit digitaler Datenerfassung zur Saison 1998/99 auf. Den bisherigen Rekord hatte ALBA BERLIN durch das 108:72 im ersten Finale gegen Bonn von 2001 gehalten. Auf den Plätzen folgen zwei Spiele aus den Finals von 2018: Berlin gewann zum Auftakt in München mit 106:95 und das fünfte Finale gewann München 106:85. Dahinter stehen die 104 Punkte der Bonner im zweiten Finale vom vergangenen Sonntag. Offensiv rollte der Ulmer Offensivmotor im dritten Finale von Beginn an. Ein 21:4-Lauf zum Ende des zweiten Viertels brachte den Hausherren eine 53:30-Führung zur Pause ein, in der zweiten Hälfte setzten sie sich auf zeitweise 33 Punkte Differenz ab! 18 ihrer 40 Dreier versenkten die Ulmer, an diese starke Quote von 45,0 Prozent kam Bonn (26,7 3P%) nicht heran. Mit Karim Jallow (24 PTS, 13/14 FT), Brandon Paul (23 PTS, 7/13 3P) und Bruno Caboclo (20 PTS, 4 BLK) legten gleich drei Ulmer mindestens 20 Zähler auf.
Mit erzielten 112 Punkten beim Sieg am Mittwoch stellten die Ulmer einen Finals-Rekord seit digitaler Datenerfassung zur Saison 1998/99 auf. Den bisherigen Rekord hatte ALBA BERLIN beim 108:72 im ersten Finale gegen Bonn von 2001 gehalten. Danach folgen zwei Spiele aus den Finals von 2018: Berlin gewann zum Auftakt in München mit 106:95 und das fünfte Finale gewann München 106:85. Dahinter folgen die 104 Punkte der Bonner im zweiten Finale vom vergangenen Sonntag.
Status quo: Mit Yago dos Santos und Josh Hawley punkteten zwei weitere Ulmer zweistellig, auch Juan Nunez und Thomas Klepeisz setzten Impulse. So präsentieren sich die Ulmer derzeit sowohl sehr ausgeglichen als auch gefestigt. Die Bonner wirkten zum ersten Mal in dieser Saison vor allem defensiv überfordert, vor allem den Ulmer – teils spektakulären – Schnellangriffen hatten sie nichts entgegenzusetzen.
Duell im Fokus: Vor dem Finals-Auftakt war das Duell zwischen den beiden Point Guards Yago dos Santos und TJ Shorts bereits herausgestellt worden, das wollen wir auch vor dem möglicherweise entscheidenden vierten Spiel tun. Denn bislang hält der Ulmer Aufbauspieler mit dem Liga-MVP mehr als mit. Wie schon im Auftaktspiel schnupperte der Brasilianer an einem Triple-Double, mit 14 Punkten, sieben Rebounds und acht Assists füllte dos Santos den Boxscore. Während der Ulmer Point Guard jederzeit für einen Parkplatz-Dreier gut ist und in der Final-Serie 42,9 Prozent seiner Versuche von Downtown versenkt, bleibt Shorts von jenseits der 6,75 Meter kalt (15,4 3P%). Mit seinen durchschnittlich 7,0 Assists befindet sich der Bonner Point Guard auf Hauptrundenniveau (7,6 APG), dennoch ist Shorts anzumerken, dass er gegen die aggressive Ulmer Verteidigung einen schweren Stand hat – was auch seine 3,3 Ballverluste pro Spiel verdeutlichen. Shorts muss sich von Karim Jallow über Brandon Paul zu Yago dos Santos mit unterschiedlichen Verteidigern herumschlagen, und dos Santos hat bewiesen, dass er auch mental und verbal das Duell mit Shorts mitgehen kann.

Zahlen, bitte: Von durchschnittlich 13,8 Ballverlusten in der Hauptrunde zu 13,2 Ballverlusten in den Playoffs: Die Ulmer passen zum Saisonhöhepunkt etwas besser auf den Ball auf, aber so umsichtig? Zur Pause des dritten Finalspiels hatte die Gavel-Truppe noch kein einziges Mal den Ball verloren und 16 Assists verteilt! Erst nach 26 Spielminuten stand der erste Turnover im Play-by-Play. Am Ende waren es acht Ballverluste, das Assist-Turnover-Verhältnis von 3,5:1 bleibt aber grandios.
Rekordverdächtig: Der Ulmer Sieg von 28 Punkten Differenz war in der Finals-Geschichte seit digitaler Datenerfassung zur Saison 1998/99 der sechsthöchste. Neben dem Bonner Sieg von 29 Zählern Differenz im zweiten Spiel feierten nur Berlin 2001 (+36 vs. Bonn), Bamberg 2017 (+36 vs. Oldenburg), Berlin 2008 (+30 vs. Bonn) und München 2022 (+30 vs. Berlin) höhere Erfolge.
Das MVP-Rennen: Nach drei Spielen ist das Finals MVP-Rennen offen. Da beide Teams bislang sehr ausgeglichen auftreten, liegen aktuell mehrere Spieler zahlentechnisch nah beieinander. Brandon Paul führt die Ulmer im Finale mit 14,7 Punkten pro Partie an und netzte den entscheidenden Dreier zum Auftaktsieg. Karim Jallow folgt mit 14,3 Zählern und glänzt dabei mit herausragenden Quoten aus dem Feld (52,2% FG) sowie von der Dreierlinie (57,1% 3P). Yago dos Santos tritt mit 14 Punkten und 6,7 Assists als Allrounder in Erscheinung. Trotz einer Körpergröße von lediglich 1,75 Meter ist der Brasilianer mit durchschnittlich 5,0 Abprallern hinter Josh Hawley (7,3 RPG) sogar der zweitbeste Ulmer Rebounder der Finalserie. Bleibt nur noch die Frage, ob er einem hier namentlich nicht genannten Landsmann und Nationalcenter bereits unter die Nase gerieben hat, dass er zurzeit mehr als doppelt so viele Rebounds holt …
Yago: 14,0 PPG (39,3 FG%), 5,0 RPG, 6,7 APG
Paul: 14,7 PPG (43,3 3P%), 3,3 RPG, 3,0 APG
Jallow: 14,3 PPG (57,1 3P% / 52,2 FG%), 3,0 RPG
Auf Bonner Seite liegt wenig überraschend der MVP der regulären Saison weit vorne im Rennen. TJ Shorts ist mit 15,7 Punkten und sieben Assists der beste Punkte- und Vorlagensammler der Finals. Tyson Ward (13,0 PPG / 8,3 RPG) spielt offensiv sowie defensiv als „Yago-Bewacher“ eine wichtige Rolle im System der Rheinländer. Jeremy Morgan steht bei 12,0 Zählern und 3,0 Rebounds.
Shorts: 15,7 PPG (42,1 FG%), 3,0 RPG, 7,0 APG
Ward: 13,0 PPG (44,4 FG%), 8,3 RPG
Morgan: 12,0 PPG (38,7 FG%), 3,0 RPG
Im Blick des Bundestrainers: Gordon Herbert hatte zwischen dem zweiten und dritten Finalspiel seinen Kader für die WM-Vorbereitung ernannt – ohne Karim Jallow. Der Ulmer Flügelspieler zeigte, dass er eine Nominierung auch verdient hätte: mit 24 Punkten in knapp 20 Minuten auf dem Parkett. Damit war Jallow in zwei der bislang drei Partien Ulmer Topscorer. Hat da ein deutscher Spieler die Chance auf den Titel des Finals-MVP?
Am Rande der Bande: Die Bonner mussten im dritten Spiel nicht nur auf den gesperrten Michael Kessens und den verletzten Karsten Tadda verzichten, auch Javontae Hawkins fiel aus, nachdem er im zweiten Spiel mit dem Kopf auf das Parkett aufgeschlagen war. Dafür rutschte Collin Malcolm das erste Mal seit dem ersten Halbfinalspiel gegen die MHP RIESEN Ludwigsburg ins Bonner Aufgebot und machte mit elf Punkten einen guten Job.
Besser Freitag gewinnen: Seit Einführung der Playoffs ging die Finalserie zehnmal über die volle Distanz von fünf Spielen und jedes Mal setzte sich letztlich das besser platzierte Team zuhause durch.
2018: München (1) - Berlin (2)
2015: Bamberg (1) - München (3)
2011: Bamberg (1) - Berlin (3)
2010: Bamberg (5) - Frankfurt (7)
2009: Oldenburg (3) - Bonn (4)
2005: Bamberg (2) - Frankfurt (4)
2004: Frankfurt (3) - Bamberg (5)
1999: Berlin (1) - Bonn (2)
1991: Leverkusen (1) - Charlottenburg (2)
1989: Bayreuth (1) - Leverkusen (3)
Wir machen es kurz: Historisch gesehen, wäre Ulm also gut beraten, den Deckel bereits am Freitag in eigener Halle drauf zu packen. Bonn sollte logischerweise auch lieber gewinnen … und da gibt es Hoffnung! Seit 1998 ging die Finalserie 13-mal in ein viertes Spiel, welches sieben Mal von der Gastmannschaft gewonnen wurde. Die Ulmer haben in dieser Postseason allerdings gegen Berlin (83:81) und München (104:102) jeweils das erste „Closeout-Spiel“ der Serie gewonnen, wobei sie in beiden Duellen davon profitierten, dass die Dreier von Maodo Lo und Andi Obst mit dem Buzzer nur den Ring trafen. Wird es am Freitag wieder ähnlich dramatisch zugehen?
Titelhamster Anton Gavel: Sollte Ulm am Freitag Meister werden, wäre Anton Gavel dies in seinem ersten Jahr als BBL-Headcoach gelungen (wobei er aber kein Rookie-Coach ist, hat er in den drei Jahren zuvor doch die Ulmer ProB- und NBBL-Teams trainiert). Bereits als Spieler war Tono ein Titelhamster (5x Meister, 4x Pokalsieger), hat seine Profikarriere 2018 mit einem Double aus Pokal und Meisterschaft beendet und könnte seine Trainerkarriere nun mit einer weiteren Meisterschaft einläuten. Aber das wäre nicht das erste Mal, dass seine Ankunft direkt den Erfolg bringt: Als Combo Guard kam er im November 2009 nach Bamberg und damit begann für Freak City die Serie von drei Doubles in Serie, das in der Ligageschichte einmalige sogenannte Triple Double.
Eine Meisterschaft im ersten Jahr als BBL-Headcoach gab es allerdings schon öfter. Hier drei bekannte Beispiele:
2005/06: Sasa Obradovic beendet in Köln nach 18 Saisons seine Spielerkarriere, wird direkt der Headcoach, unterstützt von dem renommierten Bosnier Drasko Prodanovic als Co-Trainer und feiert am Ende der Saison die Meisterschaft.
2021/22: Der Spanier Israel Gonzalez steigt nach dem Abgang von Aito zum Headcoach auf und gewinnt mit Berlin die dritte Meisterschaft in Serie, seine erste als BBL-Cheftrainer.
1989/90: Die wohl weitreichendste Beförderung der Ligageschichte. 1988 wird Dirk Bauermann, nach seinen zwei Jahren als Assistenztrainer an der Fresno State University, Co-Trainer von Jim Kelly in Leverkusen und ein Jahr später von Manager Otto Reintjes mit 31 Jahren auf den Cheftrainerstuhl befördert. Damals ein Wagnis, das sensationell einschlägt, denn es folgen sieben Meisterschaften in Serie.
Die ewige Bilanz: Seit 1990/91 gab es 59 Pflichtspiele zwischen beiden Teams, wovon Bonn 36 für sich entschieden hat.
Alte Bekannte: Ulms Headcoach Anton Gavel hat mit Bonns Kapitän Karsten Tadda eine gemeinsame Vergangenheit: In Bamberg gewannen sie zusammen vier Meistertitel (2010 - 2013) und holten drei Pokalsiege (2010 - 2012). Allerdings ist der 34-jährige Tadda (581 BBL-Spiele) nach seiner Rücken-OP raus für die Finals, damit müssen die Telekom Baskets auf den erfahrensten Liga-Veteran verzichten, der in beiden Kadern zu finden ist. Papa Chris Ensminger (Nachwuchskoordinator in Ulm, früher in Bonn aktiv) und Sohn Zach Ensminger (dritter Aufbau in Bonn, 2017–2020 in Ulm ausgebildet) stehen beim jeweils anderen Programm unter Vertrag. Bonns Michael Kessens und Ulms Robin Christen sowie Philipp Herkenhoff spielten von 2018 bis 2020 gemeinsam in Vechta.

Weise Worte: „Wir haben die schlechteste Saisonleistung gezeigt. In so einem wichtigen Spiel ist es natürlich enttäuschend“, fand Bonns Tuomas Iisalo deutliche Worte.
Fernsehen / Livestream: Die Partie wird am Freitag ab 20.15 Uhr live bei SPORT1 und MAGENTA SPORT. Michael Körner kommentiert zusammen mit dem Experten Denis Wucherer, Jan Lüdeke führt die Field-Interviews. Es gibt alle Partien in HD - live und on demand hier bei MAGENTA SPORT.
Aktuelle Wettquoten: ratiopharm ulm vs. Telekom Baskets Bonn hier auf sportwetten.de.